Vermischtes

Umfrage: Vor allem Jüngere sind von Einsamkeit betroffen

  • Mittwoch, 11. Dezember 2024
/Jorm Sangsorn, stock.adobe.com
/Jorm Sangsorn, stock.adobe.com

Berlin – Junge Erwachsene in Deutschland fühlen sich einer Umfrage zufolge häufiger einsam als ältere. Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) der Befragten im Alter von 18 bis 39 Jahren gaben an, häufig, manchmal oder selten einsam zu sein. Bei älteren Befragten ab 40 Jahren trifft das nur auf etwa jeden Zweiten zu.

Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK), dem sogenannten Einsamkeitsreport, der heute in Berlin vorgestellt wurde.

Erwachsene unter 40 empfinden Einsamkeit nicht nur häufiger, sie leiden auch mehr darunter. So fühlt sich mehr als jeder Dritte (36 Prozent) der jüngeren Befragten, die Erfahrungen mit Einsamkeit haben, eher stark oder sogar sehr stark dadurch belastet. Bei den über 40-Jährigen gilt das nur für etwa jeden Fünften.

Insgesamt hat die Mehrheit der Erwachsenen in Deutschland Erfahrungen mit Einsamkeit, aber nur wenige regelmäßig. Von den 58 Prozent, die Einsamkeit kennen, empfinden nur vier Prozent dieses Gefühl häufig. 13 Prozent gaben an, manchmal einsam zu sein, 41 Prozent fühlen sich der Umfrage zufolge selten einsam. Nie einsam hingegen sind 42 Prozent.

„Chronische Einsamkeit kann auf Dauer körperlich und psychisch krank machen“, sagte Jens Baas, Vorstands­vorsitzender der TK. So gaben von denjenigen, die sich häufig oder manchmal einsam fühlen, 65 Prozent an, häufiger oder sogar dauerhaft unter Stress und Erschöpfung zu leiden.

Bei Menschen, die selten oder nie Einsamkeit empfinden, sind es nur 36 Prozent. Ähnliche Unterschiede zeigen sich bei Beschwerden wie Schlappheit oder Müdigkeit sowie unausgeglichener, gedrückter Stimmung.

Nach Ansicht des Soziologen Janosch Schobin von der Universität Göttingen sind Hausärzte sowie Kinder- und Jugendärzte sehr wichtig, um einsame Menschen zu erkennen und ihnen Hilfe anzubieten. Hier komme das in Großbritannien inzwischen etablierte Modell des Social Prescribing in Betracht, also die Verordnung sozialer Aktivitäten auf Rezept. In Deutschland ist Social Prescribing noch nicht Teil der Regelversorgung.

Es gibt grundsätzlich vielfältige Angebote um aus der Einsamkeit herauszufinden. Darauf wies Schobin weiter hin. „Wir verfügen in Deutschland über ein großes Angebot für Menschen aller Altersgruppen, um in den sozia­len Austausch zu kommen. Von Nachbarschaftstreffs, über Online- und telefonische Beratungsstellen bis hin zu Mehrgenerationenhäusern.“

Doch seien diese Angebote den Wenigsten bekannt. Das Kompetenznetz Einsamkeit habe deshalb eine „Angebotslandkarte“ erarbeitet, bei der jeder durch Eingeben der Postleitzahl und weiterer Parameter ein passendes Angebot in der Nähe finde.

Eines dieser Angebote sind die Frauenspaziergänge „Girls Talking & Walking“, die nach amerikanischem Vorbild mittlerweile in vielen deutschen Städten angeboten werden. Vivien Eller, Initiatorin der Frauenspaziergänge in Frankfurt am Main, erläuterte: „Unverbindlich und kostenfrei kommen hier Frauen zusammen, die alle auf der Suche nach neuen Kontakten sind. In den Gesprächen merke sie auch immer wieder, wie tabuisiert das Thema Einsamkeit noch ist. „Allein oder einsam sein ist für viele etwas Komisches, etwas Schlechtes“, sagte sie.

Dem Einsamkeitsreport zufolge sprechen Männer seltener über ihre Einsamkeit als Frauen: Während 40 Prozent der befragten Frauen immer oder manchmal darüber sprechen, tauschen sich nur 22 Prozent der Männer regelmäßig, immer oder zumindest manchmal, über ihre Einsamkeit aus. Etwa jeder dritte Mann und jede fünfte Frau verschweigen ihre Einsamkeit sogar ganz.

Als Grund für ihr Schweigen gaben demnach 76 Prozent dieser Befragten an, sie hätten nicht das Bedürfnis, mit jemandem darüber zu reden. 58 Prozent möchten den Angaben zufolge niemanden mit ihrer Einsamkeit belasten und mehr als die Hälfte (54 Prozent) glaubt nicht, dass ein Austausch ihnen helfen kann. Wer sich wegen seiner Einsamkeit anderen anvertraut, spricht am ehesten mit Freunden oder Bekannten (77 Prozent) sowie Familie oder Verwandten (68 Prozent).

Nur etwa jeder fünfte Befragte hat hingegen schon einmal ärztliche oder therapeutische Unterstützung ge­sucht. Besonders selten erfolgt ein Austausch über professionelle Beratungsstellen, wie etwa die Telefonseel­sorge: Nur ein Prozent der Befragten gab an, sich hierüber Hilfe gesucht zu haben.

dpa/PB

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung