Medizin

Umweltrisiken durch nächtliche LED-Beleuchtung nehmen zu

  • Mittwoch, 21. September 2022
/dimazel, stock.adobe.com
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Penryn – In den Jahren 2013/2014 erlangten LEDs (Licht emittierende Dioden) als Leuchtmittel für Straßen­laternen die Marktreife. Seitdem hat die Umstellung auf LEDs in vielen Ländern Europas hat das Farbspek­trum der nächtlichen Beleuchtung verändert – mit möglichen Folgen für Mensch und Tier.

Das konnten britische Forschende anhand von Fotos zeigen, die von der Internationalen Raumstation ISS aus aufgenommen wurden. Die Ergebnisse in Science Advances (2022; DOI: 10.1126/sciadv.abl6891) sind nicht die einzigen, die kürzlich zu den negativen Folgen von blauem Licht publiziert wurden.

Seit 2003 sind etwa 1,25 Millionen Aufnahmen zusammengekommen. Die Analyse der ISS-Fotos aus den Jahren 2012 und 2013, die das nächtliche Europa zeigen, verglichen mit Aufnahmen derselben Regionen in den Jahren 2014 bis 2020 ergab:

Durch die Installation von weißen LED-Lampen oder anderen weißen Technologien hat insbesondere der Anteil der Emissionen im blauen Bereich des Spektrums zugenommen. Die nächtliche künstliche Lichtemis­sion wurde dabei als Blau/Grün- (B/G) und Grün/Rot- (G/R) Verhältnis ausdrückt. Der verschobene Trend wurde besonders deutlich in Städten.

Die Forscher fanden im 2. Zeitraum einen Anstieg des Lichts im grünen Bereich um 11,1 %, im Bereich des blauen Lichts jedoch um 24,4 %. Eine Verschiebung im Lichtspektrum hin zum blauen Licht geschieht vor allem dann, wenn Natriumdampflampen mit orange-gelbem Licht durch weiße LED-Lampen ersetzt werden, die einen deutlich größeren Anteil an blauem Licht abstrahlen.

Einen solchen Wechsel beobachteten die Wissenschaftler insbesondere in Italien, Rumänien, Irland und Großbritannien. Die geringste Veränderung gab es in Deutschland und Österreich.

Da blaues Licht beispielsweise die Ausschüttung des Hormons Melatonin hemmt, das schlafför­dernd wirkt, kann die Umstellung auf LEDs Aus­wirkungen auf Tier und Mensch haben, schreibt das Forscherteam. Der Biorhythmus kann durch­einandergeraten.

„Die Vorteile, die die LED-Technologie für die öffentliche Beleuchtung und insbesondere die Straßenbeleuchtung bieten kann, wurden viel gerühmt, wobei der Schwerpunkt auf einer höhe­ren Energieeffizienz und der damit verbundenen Reduzierung der Energiekosten und Kohlendioxid-Emissionen lag“, heißt es in der Studie.

Aus Sicht der Forschenden sollten die negativen Folgen für die Umwelt, die sich aus der Nutzung weißer LEDs in der Straßenbeleuchtung ergeben, nicht außer Acht gelassen werden.

„Während auf regionaler und globaler Ebene Daten zur räumlichen und zeitlichen Variation der Intensität des künstlichen Lichts verfügbar waren, wurden nur für wenige Standorte Daten zur Variation seiner spektralen Zusammensetzung erhoben“, schreiben die Forschenden.

Der Grund dafür liegt in den üblichen Satellitensensoren, die für die Messung der künstlichen Beleuchtung eingesetzt werden und die nur die Intensität des Lichts, aber nicht dessen Farbe registrieren. Noch dazu sind diese Sensoren kaum empfindlich für die Wellenlänge des blauen Lichts.

Immer mehr Studien zu negativen Folgen von blauem Licht

Dass die nächtliche Beleuchtung negative Folgen für die Bewegung und das Fressverhalten von Fledermäu­sen hat, wurde bereits in früheren Studien gezeigt. Die Nutzung von LEDs bewirkt zudem, dass in Städten noch weniger Sterne sichtbar sind, und dass sich die Bewegung von Motten und anderen Insekten, die sich Lichtquellen nähern oder sie vermeiden, weiter verändert.

Eine erst kürzlich publizierte Studie bei Fruchtfliegen konnte zudem zeigen, dass eine übermäßige Exposition gegenüber blauem Licht, ausgehend von LED-Leuchten, Fernseher, Tablet und Smartphone, gesundheitliche Schäden und Alterungs­prozesse beschleunigen könnte. Das Deutsche Ärzteblatt hat darüber berichtet.

Das britische Science Media Center berichtet diese Woche zudem von einem Konferenzbeitrag, der auf der Tagung der Europäischen Gesellschaft für Pädiatrische Endokrinologie vorgestellt wurde. Die kontrollierte Studie zeigt, dass eine längere Dauer der Blaulichtexposition zu einem früheren Einsetzen der Pubertät bei weiblichen Ratten führt.

Zudem waren Melatoninwerte reduziert, einige Fortpflanzungshormone erhöht und es wurden körperliche Veränderungen an den Eierstöcken festgestellt. Auch über diese Studie hat das Deutsche Ärzteblatt berichtet.

gie/dpa

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