Ausland

UN-Palästinenser­hilfswerk unter Druck, auch Deutschland setzt neue Hilfen aus

  • Montag, 29. Januar 2024
/picture alliance,NurPhoto
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Gazastreifen – Nach schweren Anschuldigungen gegen mehrere seiner Mitarbeiter steht das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) massiv unter Druck. Nach den USA, Großbritannien und anderen Län­dern setzte am Wochenende auch die Bundesregierung ihre Unterstützung für das Hilfswerk vorerst aus. UN-Generalsekretär António Guterres appellierte an die Geldgeber, ihre Finanzhilfen nicht gänzlich einzu­stellen.

Zwölf Mitarbeiter des UN-Hilfswerks stehen im Verdacht, in den brutalen Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober verwickelt gewesen zu sein. Als Konsequenz kündigten Länder wie die USA, Kanada, Australien, Großbritannien, Finnland und Italien an, ihre Hilfszahlungen auszusetzen. Vorgestern Abend erklärte auch die Bundesregierung, dass sie bis zum Ende der Aufklärung der Vorwürfe keine neuen Mittel für das UNRWA im Gazastreifen bewilligen werde.

Das Auswärtige Amt und das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) hoben in ihrer gemeinsamen Mitteilung hervor, dass derzeit ohnehin keine neuen Zusagen für das UN-Hilfswerk anstünden. Zudem betonten sie, dass die Rolle des UNRWA „für die Grundversorgung der palästinensischen Bevölkerung lebenswichtig“ sei.

Auch aus Paris fließen zunächst keine weiteren Gelder. Frankreich habe „keine neue Zahlung im ersten Quar­tal 2024" geplant, erklärte das französische Außenministerium gestern. Es werde „zu gegebener Zeit“ zusammen mit der UNO und den wichtigsten Gebern beraten, wie weiter vorzugehen sei. Die Vorwürfe gegen die UNRWA-Mitarbeiter nannte Paris „außerordentlich schwerwiegend“.

Anders entschied sich Oslo: „Norwegen hat entschieden, seine Finanzierung fortzusetzen“, erklärte der norwe­gische Außenminister Espen Barth Eide. Trotz der „sehr schwerwiegenden Anschuldigungen“, sollten die an­deren Geber „in dieser Zeit der extremen humanitären Not über die weiterreichenden Folgen einer Kürzung der Unrwa-Finanzierung" nachdenken.

UNRWA-Chef Philippe Lazzarini kritisierte, es sei „schockierend, dass die Mittel für das Hilfswerk als Reaktion auf die Anschuldigungen gegen eine kleine Gruppe von Mitarbeitern ausgesetzt wurden“.

UN-Generalsekretär Guterres appellierte an die Geldgeber, „zumindest die Kontinuität der Arbeit des UNRWA zu gewährleisten“. Das Leben von zwei Millionen Menschen im Gazastreifen hänge von der Unterstützung des UN-Hilfswerks ab, das ohne weitere Finanzmittel bereits im Februar seine Arbeit einschränken müsse, erklärte Guterres. Er verstehe zwar die Bedenken und sei selbst „entsetzt“ über die Anschuldigungen gegen die UNRWA-Mitarbeiter, die übrigen Angestellten des Hilfswerks dürften dafür aber nicht bestraft werden.

Die UNO leitete Ermittlungen gegen die beschuldigten Mitarbeiter ein. Guterres zufolge wurden neun von ihnen entlassen. Einer von ihnen sei tot und die Identität der beiden anderen werde noch geklärt.

Israel geht das Aussetzen der Hilfszahlungen nicht weit genug. „Herr Lazzarini, bitte treten Sie zurück“, schrieb Außenminister Israel Katz im Onlinedienst X, vormals Twitter. Seine Regierung werde dafür sorgen, dass das UN-Hilfswerk nach dem Ende des Gaza-Krieges keine Rolle mehr in dem Palästinensergebiet spielen werde.

Die radikalislamische Hamas hatte bei ihrem brutalen Großangriff am 7. Oktober auf Israel nach israelischen Angaben etwa 1.140 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Zerstörung der Hamas. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, wurden im Gazastreifen bislang mehr als 26.400 Menschen getötet.

afp

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