Israel meldet Fund von Tunnel der Hamas unter UNRWA-Hauptquartier

Jerusalem – Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben einen Tunnel der Hamas unter dem Hauptquartier des UN-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) in der Stadt Gaza entdeckt.
Die rund 700 Meter lange Anlage sei „ein wichtiger Trumpf für die militärischen Aufklärungsdienste der Hamas“ gewesen, hieß es vorgestern in einer gemeinsamen Erklärung von Armee und dem israelischen Geheimdienst Shin Beth.
Infolge der Berichte mehrten sich die Forderungen nach einem Rücktritt von UNRWA-Chef Philippe Lazzarini. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft sprach gestern von einer „neuen Qualität“ der „Komplizenschaft“ zwischen der UNRWA und der Hamas.
Gefunden wurde der Tunneleingang laut den Angaben von Militär und Geheimdienst nahe einer von der UNRWA betriebenen Schule in der Stadt Gaza.
Ein AFP-Fotograf filmte im Beisein der israelischen Armee unter anderem einen Raum mit Kabeln und Metallschränken, die offenbar Elektronik enthielten. Die „elektrische Infrastruktur“ des Tunnels war den israelischen Angaben zufolge mit dem UNRWA-Sitz verbunden und sei mutmaßlich von dort mit Strom versorgt worden.
UNRWA-Chef Philippe Lazzarini erklärte angesichts der israelischen Berichte, das Hauptquartier in der Stadt Gaza sei seit dem 12. Oktober nicht genutzt worden. Er gab an, von dem Tunnel nichts gewusst zu haben und forderte eine unabhängige Untersuchung.
Israels Außenminister Katz nannte Lazzarinis Aussagen im Onlinedienst X (vormals Twitter) „absurd“ und sprach von einem „Affront gegen den gesunden Menschenverstand“. Er forderte den Rücktritt des UNRWA-Chefs.
Ähnlich scharf äußerte sich die Deutsch-Israelische Gesellschaft. Sollten sich die israelischen Berichte bestätigen, habe „das Ausmaß der Komplizenschaft und Kumpanei der UNRWA mit der Hamas eine neue Qualität“, erklärte deren Präsident Volker Beck. Er forderte einen „geordneten Ausstieg“ aus der Finanzierung des Hilfswerks.
Bereits Ende Januar waren gegen das UNRWA schwere Vorwürfe bekannt geworden: Zwölf Mitarbeiter stehen im Verdacht, in den beispiellosen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober verstrickt gewesen zu sein. Als Reaktion auf die Vorwürfe kündigten zahlreiche Staaten, darunter Deutschland und die USA, einen Stopp ihrer Zahlungen an das Hilfswerk an.
Beim Überfall der von der Europäischen Union (EU) und der USA als Terrororganisation eingestuften Hamas auf Israel waren israelischen Angaben zufolge rund 1.160 Menschen getötet und 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden.
Israel kündigte daraufhin die Vernichtung der Hamas an und startete einen massiven Militäreinsatz im Gazastreifen. Nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dort seitdem mehr als 28.100 Menschen getötet.
Die israelischen Angriffe konzentrierten sich am Wochenende nach übereinstimmenden Berichten des israelischen Militärs und von Augenzeugen auf die Städte Chan Junis und Rafah im Süden des Gazastreifens. Für die Evakuierung der mehr als eine Million Menschen in der Stadt kündigte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu Korridore an. „Wir werden der Zivilbevölkerung einen sicheren Weg aus der Stadt ermöglichen“, sagte er. Israel sei „in dieser Sache nicht leichtfertig“.
In Rafah sind seit Beginn der der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen mehr als eine Million Flüchtlinge aus anderen Teilen des Palästinensergebietes gestrandet. Am vergangenen Freitag hatte Netanjahu seine Armee angewiesen, einen „kombinierten Plan zur Evakuierung der Bevölkerung und zur Zerstörung der Bataillone“ der Hamas in Rafah vorzulegen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warnten in der Folge vor einer „humanitären Katastrophe“. Die rund 1,3 Millionen Menschen könnten sich „nicht in Luft auflösen“, schrieb Baerbock auf X. Kritik an den Plänen Israels kam auch aus den USA, Saudi-Arabien und Katar.
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