Unfallchirurgen fordern Rechtssicherheit für Traumaregister

Berlin – Die seit dem Jahr 2018 geltende Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) führt offenbar dazu, dass die Traumaregister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) immer weniger Behandlungsverläufe von Schwerverletzten erfassen als vor Inkrafttreten der Regelung.
„Seit über zwei Jahren setzen wir uns dafür ein, dass wir pseudonymisierte Daten rechtssicher verwenden dürfen. Datenschutz ist gut und richtig. Aber übertriebener Datenschutz macht unser seit fast 30 Jahren bestehendes Traumaregister nun zunichte und gefährdet damit Menschenleben“, kritisiert der DGU-Präsident Michael Raschke.
Hintergrund ist, dass die laut der DSGVO nötigen Einwilligungen zur Datenerfassung bei Schwerverletzten nur sehr schwer einzuholen sind.
Die Traumaregisterdaten sind laut der DGU das Kernstück der nationalen Qualitätssicherung in der Schwerverletztenversorgung. Doch die DSGVO mache Qualitätssicherung und Registerforschung zur Verbesserung der Schwerverletztenversorgung zunehmend unmöglich.
Vor Inkrafttreten der DSGVO haben Unfallchirurgen laut der Fachgesellschaft 30.000 neue Datensätze pro Jahr im Traumaregister der DGU aufgenommen. 2018 waren es sechs Prozent weniger, 2019 sank die Aufnahmequote um 17 Prozent. „Das ist eine besorgniserregende Entwicklung, die wir unbedingt stoppen müssen. Auf der einen Seite gibt es die gesetzlich vorgeschriebene Pflicht zur Qualitätssicherung, auf der anderen Seite sind die rechtssicheren Voraussetzungen dafür in den Kliniken nicht gegeben“, warnte der DGU-Generalsekretär Dietmar Pennig.
Die DGU-Experten kritisieren, dass es in Deutschland keine umfassende gesetzliche Regelung zur Förderung von Akutregistern gebe. „Unser Schwerverletztenregister gehört zur Daseinsfürsorge und verbessert stetig die Patientenversorgung. Mit einem Registergesetz wäre die Erlaubnis zur Datenverwendung gegeben“, erklärte Pennig.
Das Traumaregister der DGU enthält pseudonymisierte Behandlungsdaten von Schwerverletzten. Die Daten stammen aus den vier aufeinanderfolgenden Phasen Präklinik, Schockraum und OP, Intensivstation sowie Entlassung. Sie beinhalten detaillierte Informationen über Alter, Verletzungsmuster, andere Grunderkrankungen, präklinisches und klinisches Management, intensivmedizinischen Verlauf und wichtige Laborbefunde einschließlich Bluttransfusionsdaten. Außerdem enthält das Register Daten zum Zustand des Patienten bei Entlassung.
„Durch die Analyse der Daten können wir sehen, wo es in der Versorgung hakt und an welchen Stellen wir besser werden müssen. Mit Ergebnissen, die einen Überlebensvorteil aufzeigen, werden Diagnostik und Therapie kontinuierlich verbessert“, erläutert Gerrit Matthes, Leiter der DGU-Sektion Notfall-, Intensivmedizin und Schwerverletztenversorgung.
Die Ergebnisse aus der Versorgung werden in Jahresberichten zusammengefasst und den Kliniken zur Verfügung gestellt, damit diese sich verbessern können.
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