Kritik an „Reha-Loch“ bei Behandlung Schwerverletzter

Berlin – Missstände bei der Versorgung von Schwerverletzten kritisiert die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Der Fachgesellschaft geht es dabei um die Rehabilitation nach der Versorgung in der Akutklinik. „Viele schwer verletzte Patienten fallen in das sogenannte Reha-Loch. Nach ihrer Akutbehandlung im Krankenhaus bleibt die danach zwingend erforderliche Rehabilitation aus“, hieß es aus der Fachgesellschaft.
Sie seien schlichtweg noch zu krank, um die strengen Vorgaben der Deutschen Rentenversicherung zur Rehabilitationsfähigkeit zu erfüllen. Nach ihrem Krankenhausaufenthalt landeten deshalb viele zu Hause oder in der Kurzzeitpflege.
Eine Auswertung aus dem TraumaRegister DGU macht die Dimension des Problems deutlich: Danach werden über 60 Prozent der Patienten nach dem Krankenhausaufenthalt nach Hause entlassen. „Die häusliche Pflege oder Kurzeitpflege ist für die Fortsetzung der Akutbehandlung nicht geeignet“, kritisiert der Präsident der DGU, Michael Raschke, Direktor der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Universitätsklinikum Münster, die Strukturen in der Traumarehabilitation.
Laut der Fachgesellschaft erfüllen nur rund 15 Prozent der Patienten die augenblicklichen Vorgaben für eine Rehabilitation. Dazu zähle beispielsweise, dass sich die Unfallverletzten ohne fremde Hilfe anziehen und essen könnten. Patienten mit Polytrauma seien dazu aber oft nicht in der Lage. Sie könnten die Reha-Vorgaben oft erst nach drei bis sechs Monaten erfüllen.
„Die Rehabilitation nach Polytrauma ist ein komplexer Prozess, der nicht mit der Nachbehandlung nach einem künstlichen Knie- oder Hüftgelenk zu vergleichen ist“, sagte der DGU-Generalsekretär Dietmar Pennig. Daher müssten hier andere Kriterien gelten, die trotz Therapie- und Pflegebedürftigkeit eine möglichst früh einsetzende und nahtlose Rehabilitation ohne größere Unterbrechung ermöglichten.
Die DGU hat daher ein „Phasenmodell Traumarehabilitation“ entwickelt. „Das neue Phasenmodell ermöglicht eine frühe Rehabilitation, auch wenn der Patient intensiv therapiert und gepflegt werden muss“, erläuterte Stefan Simmel vom Arbeitskreis Traumarehabilitation der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie.
Zudem sehe es eine Langzeitbetreuung für viele Jahre nach dem Unfall vor. „Die Patienten brauchen bei Problemen, mit denen sie oft lebenslang zu kämpfen haben, jederzeit eine Anlaufstelle, die sich mit ihrem langwierigen Genesungsprozess auskennt und schnell helfen kann“, mahnte Simmel.
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