Ärzteschaft

Kritik an „Reha-Loch“ bei Behandlung Schwerverletzter

  • Freitag, 3. Juli 2020
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Berlin – Missstände bei der Versorgung von Schwerverletzten kritisiert die Deutsche Ge­sellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Der Fachgesellschaft geht es dabei um die Rehabili­ta­t­ion nach der Versorgung in der Akutklinik. „Viele schwer verletzte Patienten fallen in das sogenannte Reha-Loch. Nach ihrer Akutbe­handlung im Krankenhaus bleibt die danach zwingend erforderliche Rehabilitation aus“, hieß es aus der Fachgesellschaft.

Sie seien schlichtweg noch zu krank, um die strengen Vorgaben der Deutschen Renten­ver­si­cherung zur Rehabilitationsfähigkeit zu erfüllen. Nach ihrem Krankenhausaufenthalt landeten deshalb viele zu Hause oder in der Kurzzeitpflege.

Eine Auswertung aus dem TraumaRegister DGU macht die Dimension des Problems deut­lich: Danach werden über 60 Prozent der Patienten nach dem Krankenhausaufenthalt nach Hause entlassen. „Die häusliche Pflege oder Kurzeitpflege ist für die Fortsetzung der Akutbehandlung nicht geeignet“, kritisiert der Präsident der DGU, Michael Raschke, Direktor der Klinik für Un­fall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Universitäts­klinikum Münster, die Struk­tu­ren in der Traumarehabilitation.

Laut der Fachgesellschaft erfüllen nur rund 15 Prozent der Patienten die augenblickli­chen Vorgaben für eine Rehabilitation. Dazu zähle beispielsweise, dass sich die Unfallver­letzten ohne fremde Hilfe anziehen und essen könnten. Patienten mit Polytrauma seien dazu aber oft nicht in der Lage. Sie könnten die Reha-Vorgaben oft erst nach drei bis sechs Monaten erfüllen.

„Die Rehabilitation nach Polytrauma ist ein komplexer Prozess, der nicht mit der Nachbe­handlung nach einem künstlichen Knie- oder Hüftgelenk zu vergleichen ist“, sagte der DGU-Generalsekretär Dietmar Pennig. Daher müssten hier andere Kriterien gelten, die trotz Therapie- und Pflegebedürftigkeit eine möglichst früh einsetzende und nahtlose Rehabilitation ohne größere Unterbrechung ermöglichten.

Die DGU hat daher ein „Phasenmodell Traumarehabilitation“ entwickelt. „Das neue Pha­senmodell ermöglicht eine frühe Rehabilitation, auch wenn der Patient intensiv thera­piert und gepflegt werden muss“, erläuterte Stefan Simmel vom Arbeitskreis Traumareha­bili­tation der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie.

Zudem sehe es eine Langzeitbetreuung für viele Jahre nach dem Unfall vor. „Die Patien­ten brauchen bei Problemen, mit denen sie oft lebenslang zu kämpfen haben, jederzeit eine Anlaufstelle, die sich mit ihrem langwierigen Genesungsprozess auskennt und schnell helfen kann“, mahnte Simmel.

hil

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