Ungeklärter Aufenthaltsstatus vieler Geflüchteter erschwert Psychotherapie

Berlin – Deutlich zügigere Entscheidungen über den Aufenthaltsstatus von Geflüchteten fordert die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin (DGPM). Die Fachgesellschaft weist darauf hin, dass viele Geflüchtete aus Krisenregionen wegen traumatischer Erlebnisse eine Psychotherapie brauchten, die Unsicherheit über das Bleiberecht den Behandlungserfolg aber sehr erschwere oder sogar zunichte mache.
Laut Fachgesellschaft leidet fast ein Drittel der Geflüchteten unter psychischen Belastungen in Form von Angststörungen, posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) und Depression. „Vielen dieser Menschen hilft eine Psychotherapie sehr gut, um die schlimmen Erlebnisse zu verarbeiten und sich erfolgreich in unsere Gesellschaft zu integrieren“, sagte DGPM-Expertin Yesim Erim, Leiterin der Abteilung für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin am Universitätsklinikum Erlangen.
Der Erfolg der Arbeit basiere jedoch auf größtmöglichem Vertrauen, Sicherheit und positiven Perspektiven für den Patienten. „Fallen diese Anker weg, ist eine erfolgreiche Therapie aussichtslos. Bei von Abschiebung bedrohten Patienten sind diese Gegebenheiten nicht existent und die Arbeit wird ineffektiv, ja sogar absurd und zynisch“, so Erim.
Aber nicht nur für die Flüchtlinge selbst ist die Situation laut DGPM schwierig, sondern auch für ihre Helfer. „Um die Motivation, fremden Menschen helfen zu wollen, zu fördern, sollte die Bundesregierung Prozesse anstoßen, die die Zeit der Unsicherheit für Flüchtlinge und deren Helfer auf ein Minimum beschränken“, forderte Erim. Die Aussicht auf Therapieerfolg sei für Mediziner, Therapeuten und neben- und hauptamtliche Helfer die entscheidende Motivation für die tägliche Arbeit mit Flüchtlingen. „Es ist geradezu unverantwortlich, Menschen, denen durch die Arbeit mit Asylsuchenden selbst eine sogenannte sekundäre Traumatisierung droht, den Sinn ihrer Arbeit zu rauben“, so Erim.
Laut Harald Gündel, Mediensprecher der DGPM aus Ulm, bringt die psychotherapeutisch-psychosomatische Arbeit mit den Flüchtlingen Ärzte häufig in eine Zwickmühle. „Wie ist damit umzugehen, wenn ein Flüchtling psychotherapeutische Hilfe braucht, wir aber gleichzeitig wissen, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in Deutschland bleiben und eine Therapie abschließen kann?“ fragt er. Ziel müsse sein, in einem festgelegten und möglichst knappen Zeitrahmen den Aufenthaltsstatus der in Deutschland Ankommenden zu klären – im Sinne der Patienten und Helfer, so Gündel.
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