Politik

Union: Legalisierung von Cannabis vernachlässigt Gesundheitsrisiken

  • Donnerstag, 19. Oktober 2023
/picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Markus Schreiber
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Berlin – In einer teilweise sehr leidenschaftlichen Debatte hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gestern Abend bei der Ersten Lesung im Bundestag die geplante Legalisierung von Cannabis gegen die Kritik aus der Opposition verteidigt.

„Wir müssen einsehen: Mit dem, was wir bisher gemacht haben, sind wir gescheitert“, sagte er. Es brauche daher eine Wende, das jetzige Gesetz sei ein Paradigmenwechsel. Lauterbach begründete die Regelung mit dem Ziel einer Vorbeugepolitik besonders für Minderjährige durch Verbot und Aufklärung sowie einem sicheren Konsum für Erwachsene.

Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung Burkhard Blienert (SPD) versprach sich mehr Kontrolle und Gesundheitsschutz und weniger Stigmatisierung und Verfolgung. Die Ampel verfolge mit dem Gesetz „eine Drogenpolitik, die statt auf Ideologie auf den Gesundheitsschutz achtet“.

Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) sah die Chance, Konsumenten vor einem zu hohen THC-Gehalt oder schäd­lichen Beimischungen zu schützen. Die Verbotspolitik habe nur den Schwarzmarkt gestörkt, auf dem es keinerlei Qualitätskontrollen oder Gesundheitsschutz gebe.

Es werde ohnehin kontinuierlich mehr konsumiert, und das größtenteils von Menschen, die kein Suchtproblem haben und die voll im Leben stehen. Deshalb müsse die Priorität sein, den Konsum sicherer zu machen. „Wir ringen endlich Rationalität in die Drogenpolitik“, sagte sie.

Kriminalisierung durch die Hintertür vermeiden

Kappert-Gonther warnte aber auch davor, die Regulierungen zu praxisfern auszugestalten. Es dürfe durch Abstandsregeln und andere Einschränkungen nicht zu einer Kriminalisierung durch die Hintertür kommen.

Kristine Lütke (FDP) verlangte eine umfassende Freigabe von Cannabis für Erwachsene, ebenso wie Ates Gürpinar (Linke); er plädierte zudem für weitere Schritt bei anderen Drogen.

Die Union übte gestern wiederholt scharfe Kritik an der geplanten Teillegalisierung von Cannabis. Der Ge­setzentwurf der Regierung vernachlässige die gesundheitlichen Risiken der Droge und sei mit dem Jugend­schutz unvereinbar, mahnten CDU-Abgeordnete.

Union und AfD forderten in eigenen Anträgen, die Legalisierung zu stoppen. Die Vorlagen wurden an die Ausschüsse überwiesen. Federführend ist der Gesundheitsausschuss.

Simone Borchardt (CDU) verwies auf die Gesundheitsgefährdungen durch den THC-Gehalt. Besonders gefährdet seien junge Menschen bis zum Abschluss der Gehirnentwicklung mit 25 Jahren. Rund ein Drittel aller Psychosen seien auf Cannabis-Konsum zurückzuführen.

Borchardt verlangte den Ausbau von Hilfs- und Beratungsangeboten. Angesichts der geplanten Kürzungen bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verkomme dies aber zur Farce.

Volker Ullrich (CSU) nannte es widersprüchlich, vor der Droge zu warnen und einer Legalisierung das Wort zu reden. Das Gesetz schaffe ein gesellschaftliches Klima der Akzeptanz.

Die AfD-Fraktion sprach sich in ihrem Antrag dafür aus, allein die medizinische Anwendung von Cannabis wissenschaftlich zu prüfen. Laut Vorlage der Union belegen klinische Forschungen ungünstige Einflüsse eines intensiven Cannabiskonsums auf Gedächtnis-, Lern- und Erinnerungsleistungen sowie die Intelligenz.

Bei verletzlichen Personen bestehe ferner ein dosisabhängiger Zusammenhang mit depressiven Störungen, Suizidtendenzen, Angsterkrankungen sowie zusätzlichem Missbrauch von Alkohol und illegalen Drogen.

Ärzteschaft kritisiert Verharmlosung einer Droge

Kritik war in den vergangenen Tagen und Wochen immer wieder auch aus der Ärzteschaft gekommen. Durch die Freigabe werde eine Droge verharmlost, die „nachgewiesenermaßen abhängig macht“ und gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu schweren Entwicklungsschäden führen könne, hatte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, noch im August betont.

Laut Regierungsentwurf können Erwachsene zum Eigenkonsum bis zu 25 Gramm Cannabis besitzen und drei Cannabis-Pflanzen zuhause anbauen. Außerdem sollen Cannabis-Clubs mit bis zu 500 Mitgliedern die Droge gemeinschaftlich anbauen dürfen.

Dabei dürfen maximal 25 Gramm pro Tag oder 50 Gramm pro Monat an Mitglieder ausgegeben werden. Für Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren soll dies auf 30 Gramm pro Monat mit verringertem THC-Gehalt begrenzt sein. Das THC sorgt für den Rausch.

kna/afp/lau

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