Medizin

USA: Lebenserwartung ist während der Pandemie in Minderheiten stärker gefallen

  • Donnerstag, 14. April 2022
/LIGHTFIELD STUDIOS, stock.adobe.com
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Richmond/Virginia – Der Rückgang der Lebenserwartung, der in den USA bereits seit einigen Jahren nachweisbar ist, hat sich im ersten Pandemiejahr weiter verstärkt. Besonders betroffen waren laut einer Studie in JAMA Network Open (2022; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.7067) die Bevölkerungs­gruppen der Hispanics und der Afroamerikaner. Die Lücke zu anderen hochentwickelten Ländern ist größer geworden.

Die Lebenserwartung wird oft missverstanden. Sie gibt nicht das aktuelle durchschnittliche Sterbealter an. Sie ist vielmehr ein statistisches Konstrukt, das aus der Sterberate berechnet wird und diese anschau­lich darstellen soll. Die Lebenserwartung gibt an, wie lange Menschen voraussichtlich leben würden, wenn sie in jedem Alter die vorherrschenden altersspezifischen Sterblichkeitsraten des jeweiligen Jahres erfahren würden.

Während die Lebenserwartung in den meisten hoch entwickelten Ländern steigt, stagniert sie in den USA seit etwa 2010. Seit 2013 ist es sogar zu einem leichten Rückgang gekommen. In den Jahren 2018 bis 2020 betrug er 1,87 Jahre. Betroffen waren vor allem Afroamerikaner und überraschenderweise auch die Hispanics, die bisher eine höhere Lebenserwartung hatten als weiße Amerikaner mit europä­ischen Wurzeln.

Die Hispanics verloren im 1. Pandemiejahr 3,70 Jahre. Die durchschnittliche Lebenserwartung fiel auf 78,16 Jahre. Sie war damit noch immer höher als bei den anderen weißen Amerikanern, deren Lebens­erwartung um 1,38 Jahre auf 77,40 Jahre fiel. Die Afroamerikaner verloren 3,22 Jahre und haben jetzt nur noch eine Lebenserwartung von 71,54 Jahren, das sind 5,45 Jahre weniger als der Durchschnitt, der von 78,86 auf 76,99 gefallen ist.

Auffällig ist, dass die Einbußen bei Männern deutlich größer sind als bei Frauen. Hispanische Männer verloren 4,31 Jahre (gegenüber 2,82 Jahren bei den Frauen). Bei den afroamerikanischen Männern betrug der Rückgang 3,54 Jahre (Frauen 2,71 Jahre) und bei nicht-hispanischen weißen Männern 1,53 Jahre (Frauen 1,16 Jahre).

Der Rückgang fiel deutlicher aus als in den am stärksten von der Pandemie betroffenen Vergleichs­ländern. In Spanien sank die Lebenserwartung bei Männern um 1,44 Jahre, in England und Wales um 1,38 Jahre und in Italien um 1,31 Jahre.

Bei den Frauen kam es zum stärksten Rückgang in Spanien (1,34 Jahre), England und Wales zusammen (1,07 Jahre) und Belgien (1,06 Jahre).

Die geringsten Einbußen verzeichneten die nordischen Länder (außer Schweden). In Neuseeland und Taiwan, die 2020 weitgehend von COVID-19 verschont blieben, ist die Lebenserwartung weiter gestiegen (bei den Männern auch in Südkorea und Norwegen).

In Deutschland ist die Lebenserwartung in beiden Geschlechtern ebenfalls zurückgegangen, allerdings weniger stark als im Durchschnitt der 21 untersuchten Länder und den USA. Zusammengetragen hat die Zahlen ein Team um Steven Woolf vom Center on Society and Health an der Virginia Commonwealth University School of Medicine in Richmond.

rme

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