Ausland

USA reichen offiziell Rücktritt aus Weltgesundheits­organisation ein

  • Mittwoch, 8. Juli 2020
/shaadjutt36, stockadobecom
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Washington – Mitten in der Coronapandemie haben die USA ihre Austrittsankündigung aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell eingereicht. Die Meldung des Aus­tritts, der am 6. Juli 2021 wirksam werde, sei UN-Generalsekretär António Guterres über­mittelt worden, sagte ein hoher Regierungsbeamter gestern in Washington.

Der Kongress sei darüber informiert worden, teilte der führende Demokrat im Auswärti­gen Ausschuss des Senats, Bob Menendez, auf Twitter mit. US-Präsident Donald Trump hatte den Schritt Ende Mai angekündigt.

Die WHO in Genf und die Vereinten Nationen (UN) in New York bestätigten den Empfang einer entsprechenden Erklärung der US-Regierung bei UN-Chef Guterres. Der UN-Gene­ral­sekre­tär sei vorgestern informiert worden, sagte sein Sprecher Stephane Dujarric ges­tern in New York. Guterres prüfe derzeit gemeinsam mit der WHO, ob die Konditionen für einen solchen Austritt vorlägen.

Die USA sind seit dem 21. Juni 1948 Mitglied der WHO. In der damaligen Resolution des US-Kongresses zum WHO-Beitritt hieß es, dass die USA sich das Recht für einen Rückzug vorbehielten – allerdings mit einer zwölfmonatigen Kündigungsfrist. Voraussetzung ist demnach auch, dass die USA alle ausstehenden Beiträge an die WHO gezahlt haben.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bezeichnete die Ankündigung als „herben Rückschlag“. Die weltweite Infektionsdynamik zeige, dass koordiniertes Vorgehen wichtig sei, schrieb der Politiker per Twitter mit Blick auf die Coronakrise. „Wir brauchen mehr Zusammenarbeit im Kampf gegen Pandemien, nicht weniger.“

Biden will WHO wieder beitreten

Auch zahlreiche US-Demokraten kritisierten die Entscheidung der republikanischen Trump-Regierung zum Rückzug aus der WHO. „An meinem ersten Tag als Präsident werde ich der WHO wieder beitreten und unsere Führungskraft auf der Weltbühne wiederher­stell­en“, schrieb Joe Biden, der im November als Präsidentschaftskandidat der Demokra­ten gegen Trump antreten will, beim Kurznachrichtendienst Twitter.

„Amerikaner sind sicherer, wenn Amerika sich für die Stärkung der weltweiten Gesundheit einsetzt.“ Die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, schrieb, der WHO-Austritt sei ein „Akt echter Sinnlosigkeit“. Trump lähme damit den inter­nationalen Kampf gegen das Coronavirus.

Der demokratische Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Repräsentantenhauses, Eliot Engel, kommentierte, der Rückzug sei „völlig verwirrend“. „Die Schuld auf die WHO zu schieben wird die Fehler dieser Regierung nicht wiedergutmachen und auch das Leid nicht ungeschehen machen, das unser Land erlebt hat.“

Trumps Entscheidung, die Zusammenarbeit mit der WHO mitten in der Coronakrise zu be­enden, hatte schon bei der Ankündigung im Mai weltweit Kritik ausgelöst. Trump macht der WHO schwere Vorwürfe im Umgang mit der Pandemie: Er beschuldigt die UN-Sonder­organisation, zu spät über die Gefahr des Coronavirus SARS-Cov-2 informiert zu haben und unter der Kontrolle der chinesischen Regierung zu stehen.

Mehrfach verwies der US-Präsident darauf, dass die USA mehr Geld an die Organisation zahlten als China. Er machte die in Genf ansässige Organisation mitverantwortlich für die hohe Anzahl der Toten. Die WHO habe sich zudem notwendigen Reformen verschlossen. Trump beschuldigt zudem China, die weltweite Verbreitung des Coronavirus nicht verhin­dert zu haben, und droht mit Konsequenzen.

China kritisierte das Vorgehen Washingtons scharf. „Wir fordern die USA nachdrücklich auf, ihre internationalen Verpflichtungen zu erfüllen und das Verantwortungsbewusstsein eines großen Landes zu demonstrieren“, sagte Zhao Lijian, ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums, heute.

Als maßgeblichste internationale Organisation im Bereich der globalen öffentlichen Ge­sundheit spiele die WHO eine unverzichtbare zentrale Koordinierungsrolle bei der Reak­tion auf die globale Pandemie. Das Vorgehen der USA habe den Kampf gegen das Virus untergraben und insbesondere Entwicklungsländer, die dringend internationale Unter­stützung benötigen, ernsthaft negativ beeinflusst.

Trump hatte die WHO-Beiträge bereits im April eingefroren und damit international Kritik auf sich gezogen. Die USA waren bislang wichtigster Geldgeber der Organisation. In die­sem Jahr sollten die Beiträge eigentlich knapp 116 Millionen Dollar betragen. Trump steht in der Krise selbst schwer unter Druck. Der Republikaner hatte die Gefahr der Pan­demie lange heruntergespielt.

Kritiker werfen ihm vor, mit seinem Feldzug gegen die WHO und China von eigenen Ver­säumnissen ablenken zu wollen. Insgesamt sind in den USA nach Angaben der Johns-Hop­kins-Universität mehr als 130.000 Menschen infolge einer Infektion mit dem Virus gestorben, fast drei Millionen Infektionen wurden bereits nachgewiesen.

dpa

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