Politik

Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe: Viele Unterstützer im Bundestag

  • Donnerstag, 2. Juli 2015
Uploaded: 02.07.2015 14:55:13 by mis
dpa

Berlin – In Erster Lesung beschäftigte sich der Deutsche Bundestag heute mit den möglichen Regelungen des assistierten Suizids. Die Parlamentarier debattierten unabhängig von den eigenen Fraktionen vier Gesetzentwürfe, die von einem völligen Verbot der Beihilfe zum Suizid bis deren weitgehender Freigabe reichten. Diese werden jetzt an die Ausschüsse überwiesen. Eine Entscheidung über die „wohl anspruchsvollste und schwierigste Gesetzgebung in dieser Legislaturperiode“ sei dann für den Herbst geplant, erklärte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).

Der Gesetzentwurf einer interfraktionellen Gruppe (18/5373) um die Abgeordneten Michael Brand (CDU) und Kerstin Griese (SPD) verfügt derzeit über die größte Unterstützerzahl unter den vier vorliegenden Anträgen: Die 210 unterzeichnenden Abgeordneten wollen die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe unter Strafe zu stellen und einen entsprechenden Paragraphen im Strafgesetzbuch zu schaffen. Strafbar machen würden sich Vereine, Organisationen und Einzelpersonen, die wiederholt Suizidassistenz anbieten. Angehörige oder dem Suizidwilligen nahestehende Personen, wie Ärztinnen und Ärzte, die entsprechend ihres ärztlichen Ethos im Einzelfall handeln, sollen von der Strafandrohung ausgenommen sein.

Brand betonte, dass die Suizidbeihilfe keine reguläre Tätigkeit für Ärzte sowie eine geschäftsmäßig angebotene Suizidbeihilfe keine normale Behandlungsoption für Patienten werden dürften. „Sterbende sollten an der Hand und nicht durch die Hand helfender Menschen sterben. Und verzweifelten Menschen sollte man die Verzweiflung nehmen, nicht das Leben“, sagte Brand. Das Straffrecht könne aber auch nicht jeden Einzelfall lösen, räumte er ein. „Unser Ansatz ist deshalb ein Weg der Mitte.“

Griese erklärte, man wolle so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig ändern. Mit ihrem Entwurf blieben ärztliche Freiräume erhalten, den Ärzten würde aber keine  Sonderrolle zugedacht. „“Eine Normalisierung des ärztlich assistierten Suizids als Dienstleistung darf es nicht geben. Dies würde Druck auf Menschen ausüben, aus dem Leben zu scheiden“, sagte sie.

Weitere 107 Abgeordnete meinen jedoch, dass die Regelung des ärztlich assistierten Suizids notwendig sei, um Rechtssicherheit für Ärzte und Patienten zu gewährleisten. Sie unterzeichneten den Gesetzentwurf einer Gruppe (18/5374) um die Abgeordneten Peter Hintze (CDU) und Carola Reimann (SPD). Dieser sieht vor, ärztliche Suizidbeihilfe unter bestimmten Voraussetzungen zu ermöglichen. Zu diesen gehören, dass der volljährige Patient unter einer unheilbaren, tödlichen Krankheit leidet und ein krankheitsbedingtes Leiden durch Suizid abwenden möchte und der Arzt die Hilfestellung beim Suizid freiwillig leistet. Eine entsprechende Regelung soll im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert werden.

„Der Arzt soll das Recht auf eine Gewissensentscheidung haben“, betonte Hintze und forderte eine ausdrückliche Erlaubnis des assistierten Suizids für Ärzte bei Patienten mit einer zum Tode führenden Krankheit. Die Selbstbestimmung sei der Kern der Menschen­würde und gelte auch am Ende des Lebens. „Leiden ist immer sinnlos“, sagte er.

53 Unterzeichner hat bisher der Gesetzentwurf der Gruppe (18/5375) um die Abgeord­neten Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) und Petra Sitte (Die Linke). Er sieht vor, die Straffreiheit des Suizids und der Beihilfe rechtlich zu verankern. Nur die kommerzielle Beihilfe zur Selbsttötung soll demnach strafbar sein. Ärzte sollen freiwillig beim Suizid assistieren dürfen und dabei nicht durch berufsständische Regelung eingeschränkt werden. Suizidbeihilfe kann Künast zufolge aber auch von Vereinen oder Organisationen geleistet werden. Finanzielle Interessen müssten aber ausgeschlossen werden, weil das Eigeninteresse die Beratung beeinflusse, betonte Künast. „Viele Menschen wollen selbstverantwortlich über ihr Lebensende entscheiden. Deshalb dürfen wir als Gesetzgeber nicht zu viel regeln“, erläuterte sie.

35 Unterstützer - und damit gerade das für die Debatte im Bundestag erforderliche Quorum  von 32 Unterschriften – erreicht, hat der Gesetzentwurf einer Gruppe um Patrick Sensburg (CDU) und Thomas Dörflinger (CDU) (18/5376). Sie wollen das  Strafrecht verschärfen und die Anstiftung sowie die Beihilfe zum Suizid unter Strafe zu stellen. Ausnahmen, etwa für Ärzte und Angehörige oder für bestimmte Krankheitsbilder, soll es nicht geben. Der assistierte Suizid sei keine Sterbebegleitung, sondern das Beenden des Lebens in Fällen, in denen der Tod noch nicht von allein kommt", heißt es in dem Entwurf. „Es ist keine humanitäre Tat, einem Menschen dabei zu helfen, sich umzubringen“, sagte Sensburg. Richtig sei hingegen die Stärkung der Palliativmedizin.

ER

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