Verbotspläne für „Konversionstherapien“ verschärft

Berlin – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat seine Pläne für ein Verbot sogenannter „Konversionstherapien“ gegen Homosexualität verschärft. Im Kabinettsentwurf, der heute beschlossen wurde, ist nun ein Verbot bei allen Minderjährigen bis 18 Jahre vorgesehen.
Ursprünglich war noch eine Ausnahme für Heranwachsende angedacht. Gerade in dieser Altersphase fänden aber die meisten Therapieversuche statt, hieß es zur Begründung der Verschärfung.
Strafen sollen auch drohen, wenn die Betroffenen zwar schon volljährig sind, aber zum Beispiel durch Zwang, Drohung oder Täuschung zu einer solchen „Behandlung“ verleitet oder nicht über die „Schädlichkeit der Behandlung“ aufgeklärt wurden, hieß es heute vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Auch das öffentliche Bewerben, Anbieten und Vermitteln solcher Methoden soll künftig verboten sein.
Das Verbot soll dem Gesetzentwurf zufolge im Strafrecht verankert werden. Verstöße gegen das Verbot von Konversionsbehandlungen werden demnach mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft. Eine Missachtung des Verbots der Werbung, des Anbietens und Vermittelns kann mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro geahndet werden.
„Homosexualität ist keine Krankheit. Daher ist schon der Begriff Therapie irreführend“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Durch Konversionstherapien entstehe oft schweres körperliches und seelisches Leid. „Diese angebliche Therapie macht krank und nicht gesund.“ Ein Verbot sei auch ein wichtiges gesellschaftliches Zeichen an alle, die mit ihrer Homosexualität haderten: „Es ist ok, so wie du bist.“
Unterstützung erhielt Spahn heute von der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Der Gesetzentwurf ist ein wichtiges gesellschaftspolitisches Signal, die Diskriminierung und Stigmatisierung von Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit nicht zu tolerieren“, erklärte BPtK-Präsident Dietrich Munz. Behandlungen von Homosexualität stellten einen erheblichen Verstoß gegen das psychotherapeutische Berufsrecht dar. Die BPtK sprach sich sogar für ein Schutzalter bis 21 Jahre aus.
Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) plädierte heute für Nachbesserungen bezüglich der Schutzaltersgrenze, der nichtöffentlichen Werbung sowie bei den Ausnahmeregelungen hinsichtlich der Strafbarkeit. Für den LSVD ist zudem klar, dass es neben dem gesetzlichen Verbot für die effektive Ächtung ein Maßnahmenpaket brauche.
Die Bundesärztekammer (BÄK) hatte immer wieder betont, dass Homosexualität keine Erkrankung ist und keiner Heilung bedarf. Direkte und indirekte Diskriminierung und Stigmatisierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung seien allerdings häufige Ursachen für psychische und physische Erkrankungen, hatte der ehemalige BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery bereits vor einigen Jahren eine Stellungnahme der 64. Generalversammlung des Weltärztebundes vom Oktober 2013 zusammengefasst.
Darin lehnten die Delegierten des Weltärztebundes sogenannte Reparations- beziehungsweise Konversionstherapien strikt ab. Diese seien nicht nur unwirksam, sie könnten sich sogar negativ auf die Gesundheit auswirken.
Langer Prozess
Der BPtK zufolge ist dem heutigen heilberuflichen Konsens ein langer und schwieriger politischer Emanzipationsprozess insbesondere der frühen homosexuellen Emanzipationsbewegung vorausgegangen.
Erst das öffentliche Auftreten der Schwulen- und Lesbenbewegung gegen die Diskriminierung ihrer sexuellen Orientierung habe dazu geführt, dass auch die Wissenschaft diesbezüglich ihre pathologisierende Einstellung geändert habe. 1973 sei Homosexualität aus dem US-amerikanischen Handbuch der psychischen Störungen (DSM) gestrichen worden.
Danach dauerte es bis 1991, bis auch in der WHO-Klassifikation (ICD-10) Homosexualität nicht mehr als psychische Störung aufgeführt wurde. Transsexualität wurde laut BPtK sogar erst in der im Mai 2019 verabschiedeten ICD-11 von der Liste der psychischen Erkrankungen genommen.
„Aus Sicht der deutschen Psychotherapeutenschaft ist es bedrückend, dass diese Kategorisierungen mit dazu beitragen, dass homosexuelle und transgeschlechtliche Menschen diskriminiert, stigmatisiert und Gewalt ausgesetzt waren und weiterhin sind“, erklärte Munz.
Das Gesetz soll nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums voraussichtlich Mitte nächsten Jahres in Kraft treten. Im Bundesrat sei keine Zustimmung notwendig, hieß es aus dem Ministerium.
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