Politik

Vergewaltigungs­vorwürfe gegen Arzt, Ministerium legt Bericht vor

  • Donnerstag, 10. November 2022
/picture alliance, Friso Gentsch
/picture alliance, Friso Gentsch

Düsseldorf/Bielefeld – 32 Frauen könnten nach dem neusten Ermittlungsstand Opfer eines Arztes am Evan­gelischen Klinikum Bethel in Bielefeld geworden sein, der Patientinnen betäubt und vergewaltigt haben soll.

30 davon seien identifiziert worden, heißt es in einem heute veröffentlichten Bericht des Gesundheitsministe­riums in Nordrhein-Westfalen (NRW) für den Ausschuss für Gleichstellung und Frauen im Landtag. Mitte Okto­ber hatte die Staatsanwaltschaft Duisburg von 29 Opfern berichtet.

Zudem prüft die Staatsanwaltschaft dem Bericht zufolge weiter eine Tabelle mit 80 Einträgen, die Notizen über sexuelle Kontakte des inzwischen gestorbenen Arztes aus dem ganzen Bundesgebiet enthielten und die zum Teil mit Datumsangaben von Mitte 2014 bis Oktober 2019 versehen seien.

Nach bisherigen Ermittlungen seien die allermeisten davon nicht Opfer einer Sexualstraftat geworden, hieß es. Und: „Bei der überwiegenden Anzahl ist nach derzeitigem Stand davon auszugehen, dass eine Identifizie­rung nicht sicher gelingen wird.“

Der Mediziner hatte sich nach seiner Festnahme im Herbst 2020 in der Untersuchungshaft das Leben genom­men. Weil die Staatsanwaltschaft Bielefeld die Ermittlungen daraufhin einstelle und zahlreiche Patientinnen nicht erfuhren, dass sie möglicherweise Opfer waren, übernahmen die Duisburger Kollegen die Ermittlungen im September 2021.

Dabei geht es um die Frage, ob Mitarbeitern des Klinikums Beihilfe zur Vergewaltigung durch Unterlassen vorgeworfen werden kann. Vorgesetzte sollen von Patientinnen 2019 über Auffälligkeiten unterrichtet wor­den, den Hinweisen aber nicht nachgegangen sein.

Brisant ist der Fall auch deshalb, weil der Mann möglicherweise Frauen mit sexuell übertragbaren Bakterien angesteckt hat. Während einer Geburt könnten diese auf das Neugeborene übertragen werden, heißt es in dem Bericht. Zudem seien die Bakterien als Verursacher etwa von Entzündungen der Harnröhre, Nieren oder des Beckens bekannt.

„Bisher haben zwei Geschädigte Angaben über gynäkologische Befunde gemacht, die auf eine Infektion mit solchen Geschlechtskrankheiten schließen lassen“, teilte die Staatsanwaltschaft demnach mit.

Die Krankenhausaufsicht ist dem Bericht zufolge bislang der Ansicht, dass die Klinik alle erforderlichen Maß­nahmen umgesetzt hat beziehungsweise gerade umsetzt. So habe es etwa Verhaltensanweisungen und -kodi­zes gegeben. Führungskräfte würden zur Prävention vor sexueller Gewalt geschult.

Doch all diese Maßnahmen hätten „bei der hohen kriminellen Energie des Täters die schrecklichen Ereignisse bedauerlicherweise nicht verhindern können“, hieß es weiter. Es bleibe abzuwarten, ob auf Basis der Ermitt­lun­gen persönliches Verschulden einzelner Personen in der Klinik festzustellen sein wird oder ein Organisa­tionsverschulden des Krankenhausträgers.

Die Stiftung Bethel als Hauptgesellschafterin des Krankenhauses habe im April 2022 einen Unterstützungs­fonds in Höhe von einer Million Euro eingerichtet. Die Leistungen seien auf 30.000 Euro pro Opfer begrenzt.

Mehr als 20 Anträge gebe es schon; genaue Zahlen wolle das Krankenhaus aus Gründen der Rücksichtnahme auf die Opfer nicht nennen. „Weitere Mittel können bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden“, zitiert der Bericht Angaben der Klinik.

dpa

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