Verschärfte Vorgaben: Kinderchirurgen befürchten ungeordnete Pleitewelle
Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) prognostiziert eine „ungeordnete Pleitewelle“ durch die Qualitätsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), die im Januar 2017 in Kraft treten soll. Darin hatte der G-BA unter anderem festgelegt, dass das Betreuungsverhältnis bei Frühgeborenen mit einem Gewicht von unter 1.500 Gramm eins zu eins sein müsse.
„Wir begrüßen, dass mit der Richtlinie darauf abzielt, die Betreuung und Pflege von Frühgeborenen zu verbessern“ sagte der Präsident der DGKCH, Bernd Tillig, gestern vor Journalisten in Berlin. Angesichts der derzeitigen Finanzierungslage der Krankenhäuser sei die Umsetzung einer solchen Vorgabe aber „vollkommen unrealistisch“. Er sprach sich dafür aus, insbesondere in Ballungszentren einzelne Krankenhäuser zu schließen, um mit den frei werdenden Mitteln andere Häuser besser auszustatten. Tillig appellierte an den Staat, diesen Konzentrationsprozess planvoll zu gestalten.
„Aus unserer Sicht sollte sich eine Neuordnung primär an der Versorgungsnotwendigkeit ausrichten“, so Tillig. „Dafür brauchen wir transparent hergeleitete Kriterien für eine Versorgungsplanung, die unter anderem Einwohnerzahl, Behandlungsmöglichkeiten, Fallzahlen, Erreichbarkeit und medizinische Qualität der Einrichtungen berücksichtigen und entsprechend gewichten.“
Schon heute sei der Personalmangel in vielen Kinderkliniken so groß, dass nicht mehr alle Patienten behandelt werden könnten. Einer Umfrage zufolge hätten etwa 40 Prozent der Kinderkliniken ihre Betreuungskapazitäten im Jahr 2015 wegen Personalmangels reduzieren müssen, sagte Tillig. Einrichtungen der Kindermedizin seien seit Jahren vom ökonomischen Druck in besonderer Weise betroffen.
Grund dafür sei die vergleichsweise schlechte Abbildung der erbrachten Leistungen im DRG-System. „Zwar erhalten kindermedizinische Einrichtungen teilweise Zuschläge“, sagte Tillig. Aber diese reichten nicht aus, um die Zusatzkosten zu decken. Und um diese Deckungslücke zu schließen, spare Klinikleitungen häufig am Personal. Tillig forderte ein gesondertes Erlössystem, mit dem die Kinderkliniken adäquat finanziert werden könnten.
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