Politik

Verunreinigte Blutdrucksenker: Hunderttausende Patienten betroffen

  • Montag, 23. Juli 2018
/kudosstudio, stockadobecom
/kudosstudio, stockadobecom

Berlin – Bis zu 900.000 Patienten bundesweit könnten allein im Vorjahr Blutdruck­mittel eingenommen haben, die mit einer potenziell krebserregenden Substanz verunreinigt waren. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor, die dem Tagesspiegel vorlag. Bei den Blutdrucksenkern handelt es sich um Medikamente mit dem Wirkstoff Valsartan. Anfang Juli hatten Aufsichts­behörden in Europa einen Vertriebsstopp und vorsorglichen Rückruf für viele dieser Präparate angeordnet.

2017 seien etwa neun Millionen Packungen valsartanhaltiger Arzneimittel verordnet worden, teilte die Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Sabine Weiss, laut Tagesspiegel mit. „Da rund 40 Prozent der Chargen von dem Rückruf betroffen sind, könnten auf Grundlage der oben genannten Verordnungszahlen zirka 900.000 Patientinnen und Patienten betroffen sein.“ Allerdings bestehe nach Einschätzung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) „kein akutes Gesund­heitsrisiko“.

Kritik von den Grünen

Die Grünen im Bundestag kritisierten indes den Umgang der Behörden mit dem Thema: Die Aussage der EMA beruhige wenig, sagte die Pharmaexpertin der Fraktion, Kordula Schulz-Asche, der Zeitung. Schließlich seien die Medikamente bereits seit sechs Jahren verunreinigt, und die Risiken einer langfristigen Einnahme könnten bislang nicht abgeschätzt werden.

Der Bremer Pharmakologe Gerd Glaeske forderte „ein intensiveres Netz von Kontrollen“. Um Qualitätsmängeln vorzubeugen, müsse der Gesetzgeber von den Generikavertreibern verlässliche Produktprüfungen verlangen. Krankenkassen könnten bei ihren Ausschreibungen jederzeit Kontrollnachweise und Zertifikate für Nachahmerprodukte zur Bedingung machen.

Nach dem Valsartan-Rückruf hatten Gesundheitsbehörden Mitte Juli eine Umstellung auf unbedenkliche Arzneimittel empfohlen. Betroffene sollten mit ihrem Arzt oder Apotheker Rücksprache halten, welche Mittel von dem Rückruf betroffen sind, so das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn. Gegebenenfalls könnten sie dann auf ein anderes valsartanhaltiges Medikament umgestellt werden. Auf keinen Fall aber sollten die Arzneimittel einfach so ohne Rücksprache mit dem Arzt abgesetzt werden.

Nach Angaben der Hochdruckliga sind in Deutschland 20 bis 30 Millionen Menschen von Bluthochdruck betroffen. Die Folgen wie Herzinfarkt und Schlaganfall können lebensgefährlich sein.

afp/may

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung