Ärzteschaft

Virologen zweifeln an Tauglichkeit vieler HPV-Testverfahren für Massenscreening

  • Dienstag, 13. Juni 2017
Humane Papillomviren (HPV) /Kateryna_Kon, stock.adobe.com
Humane Papillomviren (HPV) /Kateryna_Kon, stock.adobe.com

Freiburg – Die Gesellschaft für Virologie (GfV) fordert für das geplante Massen­screening auf humane Papillomviren (HPV) nur Testverfahren einzusetzen, deren Nutzen und Sicherheit in klinischen Studien nachgewiesen sind. Die Gesellschaft hält eine Vielzahl der rund 150 verfügbaren HPV-Tests für ungeeignet für ein Screening.

Im Rahmen der Krebsfrüherkennung ermöglichen die Krankenkassen Frauen ab 20 Jahren seit 1971 jährlich eine Untersuchung auf Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs. Bisher wurde in dem Papanicolaou-Abstrich (Pap-Test) nur nach krebsverdächtigen Zellen gesucht. Künftig ist zusätzlich ein Nachweis­test für die 13 von der WHO als für den Menschen karzinogen bekannten HPV-Typen geplant.

Strategie des G-BA

Eine entsprechende Strategie hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Sep­tember 2016 formuliert. Danach soll Frauen ab dem Alter von 35 Jahren künftig statt der derzeitigen jährlichen zytologischen Untersuchung alle drei Jahre eine Kombina­tionsuntersuchung angeboten werden. Sie besteht aus einem Test auf genitale Infektio­nen mit HPV und einer zytologischen Untersuchung. Frauen im Alter zwischen 20 und 35 Jahren haben weiterhin Anspruch auf eine jährliche zytologische Untersuchung. Diese neue Strategie soll nach einer mindestens sechsjährigen Übergangsphase überprüft werden.

Die GfV weist jetzt auf große Unterschiede bei den HPV-Tests hin. „Viele Tests sind nicht klinisch evaluiert, um bei einem positiven Testergebnis zuverlässig ein erhöhtes Risiko für eine Krebserkrankung oder Vorstufe anzuzeigen“, erläuterte der GfV-Experte Thomas Iftner, Leiter der Sektion experimentelle Virologie am Universitätsklinikum Tübingen. Denn bei vielen Frauen führe eine Infektion mit HPV-Viren nie zu einer Krebserkrankung – sie heile in etwa 80 Prozent der Fälle innerhalb von zwei bis drei Jahren von alleine aus.

„Testverfahren, die keinen klinisch validierten Schwellenwert für ein positives Ergebnis haben und auf maximale Sensitivität ausgerichtet sind, weisen einen hohen Anteil von klinisch irrelevanten latenten Infektionen nach. Sie erzeugen so eine hohe Rate an Fehlalarmen, die aus gesunden Frauen Patientinnen machen und hohe Folgekosten produzieren“, meinte Iftner.

HPV-Testverfahren, die in Massenuntersuchungen eingesetzt werden sollen, müssten daher besondere Anforderungen erfüllen. Diese Anforderungen sollten in klinischen Studien an einer großen Gruppe von Frauen geprüft werden, fordert die Fachgesell­schaft.

Für die Zulassung eines Tests reicht nach der europäischen In-vitro-Diagnostika-Richt­linie laut GfV eine CE-Kennzeichnung aus. „Diese bestätigt aber lediglich, dass der Test konform zu den europäischen Normen für In-vitro-Diagnostika ist, nicht aber, ob der Test sich für ein breites Screeningprogramm eignet“, sagte Iftner.

Die GfV fordert den G-BA daher auf, nur solche Tests für ein Screening zu genehmigen, deren Nutzen und Sicherheit wissenschaftlich belegt sind. Dies sei zum momentanen Zeitpunkt nur für vier der 150 verfügbaren HPV-Tests der Fall, berichtet die Fachgesell­schaft mit Verweis auf die Konsultationsfassung der S3-Leitlinie „Prävention des Zervixkarzinoms“.

hil

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