Ärzteschaft

Vorhaltepauschale für Hausarztpraxen neu geregelt

  • Dienstag, 19. August 2025
/Nuthawut, stock.adobe.com
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Berlin – Einen einvernehmlichen Beschluss zur Vorhaltepauschale für Hausarztpraxen ab Januar 2026 fasste heute die gemeinsame Selbstverwaltung im Bewertungsausschuss. Die Grundsystematik ist in leicht abgesenkter Bewertung gleich geblieben – zusätzliche Zuschläge in unterschiedlicher Höhe gibt es, wenn bestimmte Kriterien der hausärztlichen Grundversorgung erfüllt werden.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband hätten nach intensiven Beratungen einen Weg gefunden, wie trotz der gesetzlich vorgeschriebenen Ausgabenneutralität mehr Anreize gesetzt werden könnten, ohne dass einige Hausärzte hohe Honorarverluste hinnehmen müssten, betonte der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen.

„Es ist gut, dass die gemeinsame Selbstverwaltung bei dieser schlechten gesetzlichen Vorgabe eine gangbare Lösung gefunden hat. Die Regelung musste ausgabenneutral erfolgen, also ohne zusätzliche finanzielle Mittel“, erklärten die KBV-Vorstände Gassen und Stephan Hofmeister.

Gleichzeitig habe gegolten, Voraussetzungen zu definieren, die Praxen erfüllen müssten, um die Pauschale auch künftig zu erhalten. „Diese zunächst einmal ungünstige Konstellation hätte zu großen Umverteilungen zwischen den hausärztlichen Praxen führen können – und das insbesondere zulasten kleiner Praxen. Doch es ist uns gelungen, das zu verhindern – und zwar im Kern dadurch, dass das umzuverteilende Honorarvolumen klein geblieben ist“, betonten Gassen und Hofmeister.

Die aufgrund gesetzlicher Vorgaben im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) neu geregelte Vorhaltepauschale für Hausarztpraxen wird zum 1. Januar 2026 eingeführt. Die Vorhaltepauschale gibt es bereits seit 2013 in Form einer Zusatzpauschale für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrags: Als Folge des im Januar vom damaligen Bundestag beschlossenen GVSG musste die Pauschale neu geregelt werden.

Der Bewertungsausschuss erhielt den gesetzlichen Auftrag, die Zusatzpauschale für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrags neu festzulegen und Voraussetzungen zu definieren, die Praxen erfüllen müssen, um die Pauschale künftig zu erhalten.

Ab Anfang 2026 gilt nun: Die Grundsystematik der Gebührenordnungsposition (GOP) 03040 – also der jetzigen Vorhaltepauschale – bleibt bestehen. Hausärztinnen und Hausärzte erhalten sie weiterhin einmal im Behandlungsfall, wenn sie in dem Quartal keine fachärztlichen Leistungen bei dem Patienten durchgeführt und abgerechnet haben.

Die Bewertung der GOP 03040 wird zum 1. Januar von 138 auf 128 Punkte abgesenkt. Dafür gibt es einen Zuschlag von zehn Punkten, wenn die Praxis mindestens zwei von zehn Kriterien eines definierten Kataloges erfüllt. Werden mindestens acht Kriterien erreicht, erhält die Praxis anstelle der zehn Punkte einen Zuschlag von 30 Punkten.

Wie bisher gilt zudem, dass die Bewertung der GOP abhängig von der Praxisgröße ist. Praxen mit mehr als 1.200 Behandlungsfällen je Hausarzt im Quartal erhalten eine etwas höhere Pauschale, bei weniger als 400 Behandlungsfällen je Hausarzt erfolgt ein Abschlag.

Neu ist ein Abschlag für Hausarztpraxen, die weniger als zehn Schutzimpfungen im Quartal durchführen. Ihre Vorhaltepauschale wird um 40 Prozent gekürzt, da Impfen zur hausärztlichen Grundversorgung gehört.

Bei den Kriterien, die der Gesetzgeber vorgegeben hat, handelt es sich um Leistungen der hausärztlichen Grundversorgung. Dies sind beispielsweise Haus- und Pflegeheimbesuche, Schutzimpfungen, Ultraschalldiagnostik sowie hausärztliche Basisdiagnostik wie Langzeit- oder Belastungs-EKG. Diese Leistungen müssen bezogen auf die Zahl der Behandlungsfälle einer Praxis in bestimmter Häufigkeit durchgeführt werden, um einen Zuschlag zu erhalten.

Ausnahmeregelungen für Schwerpunktpraxen definiert

Für diabetologische Schwerpunktpraxen, HIV-Schwerpunktpraxen und Substitutionspraxen haben KBV und GKV-Spitzenverband zwei Ausnahmeregelungen vereinbart. Hausärzte in diesen Praxen erhalten den 10-Punkte-Zuschlag zur Vorhaltepauschale ohne die Erfüllung einer Mindestanzahl von Kriterien. Für den höheren Zuschlag von 30 Punkten müssen sie wie alle anderen Hausärzte mindestens acht Kriterien erfüllen.

Eine weitere Ausnahme betrifft den 40-prozentigen Abschlag auf die Vorhaltepauschale, wenn eine Praxis zu wenig impft. Diese Abschlagsregelung gilt ebenfalls nicht für Schwerpunkt- und Substitutionspraxen.

Als Schwerpunkt- beziehungsweise Substitutionspraxen im Sinne dieser Ausnahmeregelungen gelten Praxen, in denen Hausärzte bei mehr als 20 Prozent der Patienten spezialisierte diabetologische Behandlungen, spezialisierte Behandlungen von Patienten mit HIV/AIDS oder substitutionsgestützte Behandlungen Opioidabhängiger durchführen.

Die Vorhaltepauschale und Zuschläge werden durch die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zugesetzt. Beides wird aufgrund der Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) zum 1. Oktober in voller Höhe gezahlt.

„Dieses Ergebnis ist ernüchternd. Die Selbstverwaltung hat sich schlichtweg geweigert, ihren Job zu machen“, kritisierten heute die Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Nicola Buhlinger-Göpfarth und Markus Beier. Unter dem Strich werde sich „quasi nichts ändern“, da über 90 Prozent der Zahlungen genau wie bisher verteilt würden.

Das Ziel des Gesetzgebers, gezielt und spürbar diejenigen Praxen zu stärken, die „wirkliche hausärztliche Versorgung“ leisten, sei nicht erreicht worden, so der Hausärztinnen- und Hausärzteverband.

„Das Wichtigste ist: die diabetologischen Schwerpunktpraxen haben nun endlich Klarheit, ob und in welchem Rahmen ihr Praxisbetrieb weiter gewährleistet werden kann“, sagte Toralf Schwarz, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Niedergelassener Diabetologen (BVND).

Dass es gelungen sei, Honorarverluste für diabetologische Schwerpunktpraxen abzuwenden und zugleich Chancen für zusätzliche Vergütungen zu eröffnen, sei ein erster Meilenstein. Dennoch mahnt der BVND an, dass die ab 2026 geltende Neuregelung ausgabenneutral erfolgt. Es stehe im System kein zusätzliches Geld für die Versorgung zur Verfügung, sondern handele sich lediglich um eine Umverteilung innerhalb der hausärztlichen Vergütung.

EB/aha

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