Medizin

Vorsorge: Darmkrebsrisiko steigt nach positivem Stuhltest erst langsam an

  • Mittwoch, 26. April 2017
WunderBild, stock.adobe.com
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Oakland – Der Nachweis von okkulten Blut im Stuhl muss möglichst rasch durch eine Koloskopie abgeklärt werden. Eine europäische Qualitätsleitlinie fordert einen Termin innerhalb von 31 Tagen. Das Risiko, dass der Tumor in der Zwischenzeit in ein höheres Stadium eintritt, war in einer retrospektiven Analyse von Versichertendaten, die jetzt im amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2017; doi: 10.1001/jama.2017.3634) veröffent­licht wurde, jedoch erst nach zehn Monaten erhöht.

Darmkrebs entwickelt sich nach heutigen Vorstellungen über einen langjährigen Zeit­raum. Am Anfang stehen Mutationen in Schleimhautzellen, die sich allmählich der natürlichen Wachstumskontrolle der Zellen entziehen. Es kommt zunächst zur Bildung von Adenomen, von denen einige dann – angetrieben durch weitere Mutationen – zum Karzinom fortschreiten. Die Entwicklung erstreckt sich über viele Jahre, weshalb auch die Intervalle für die Vorsorgekoloskopie mit zehn Jahren sehr weit gefasst sind. 

Viele Patienten ziehen der Endoskopie einen regelmäßigen Stuhltest vor, der einmal jährlich durchgeführt wird und nach winzigen Mengen an (nicht sichtbarem) Blut im Stuhl sucht. Anders als bei der Endoskopie kann der Stuhltest nicht zwischen Adenom oder Karzinom unterscheiden. Deshalb wird nach einem positiven Bluttest ein schneller Termin für eine Koloskopie angestrebt. Eine in Endoscopy (2012; 44(S 03): SE88–SE105) veröffentlichte Qualitätsleitlinie rät, die Untersuchung innerhalb von einem Monat durchzuführen. In den USA gibt es eine solche Vorgabe nicht. 

Bei den Mitgliedern des kalifornischen Krankenversicherers Kaiser Permanente erhalten nur etwa 40 Prozent bereits im ersten Monat einen Termin, 64 Prozent werden innerhalb von zwei Monaten koloskopiert, bei 74 Prozent dauert es bis zu drei Monate. Es gibt aber auch Patienten, die zwölf Monate oder länger auf die Untersuchung warten müssen.

Bei 2.191 von 70.124 Patienten, deren Daten Douglas Corley vom Forschungsinstitut von Kaiser Permanente in Oakland ausgewertet hat, wurde bei der Koloskopie ein Krebs entdeckt. Das Risiko, dass bei der Koloskopie ein Krebs entdeckt wurde, stieg mit jedem Monat um drei Prozent an. Signifikant erhöht war es (gegenüber Patienten, die im ersten Monat einen Termin hatten) jedoch erst nach zehn Monaten Verzögerung. Dann wurde bei 49 von 1.000 Patienten ein Darmkrebs gefunden. Corley ermittelte eine Odds Ratio von 1,48, die mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 1,05–2,08 signifikant war.

Nach zehn Monaten war auch das Risiko auf eine fortgeschrittene Darmkrebs­erkran­kung erhöht: 19 Fälle auf 1.000 Patienten Odds Ratio 1,97 (1,14–3,42). Für Patienten, die erst nach zwölf2 Monaten koloskopiert wurden, war das Risiko auf einen Darmkrebs um den Faktor 2,25 (1,89–2,68; 76 Fälle auf 1.000 Patienten) erhöht. Fortgeschrittene Karzinome wurden dann sogar 3,22-fach (2,44–4,25; 31 Fälle auf 1.000 Patienten) häufiger gefunden.

Die Ergebnisse bedeuten selbstverständlich nicht, dass ein später Termin ohne Risiken ist. Das Fortschreiten lässt sich im Einzelfall nicht vorhersagen. Keine gute Idee ist es, bis zum Auftreten von Symptomen zu warten, wie dies offenbar einige Versicherte der Unter­suchung taten. 14 Prozent der Patienten hatten dort die Einladung zur Koloskopie ignoriert.

rme

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