Medizin

Warum Nikotin in der Schwangerschaft zu Hörstörungen bei den Kindern führt

  • Dienstag, 14. Februar 2017
Uploaded: 20.11.2012 15:02:56 by mis
dpa

Berlin – Die Einwirkung von Nikotin auf den Hirnstamm könnte für Hörstörungen verantwortlich sein, die bei Kindern von starken Raucherinnen beobachtet wurden. Dies zeigen Experimente an Tieren im Journal of Physiology (2017; doi: 10.1113/JP274059).

Während die schädlichen Folgen des Alkoholkonsums in der Schwangerschaft allgemein bekannt sind, werden die Auswirkungen des Rauchens häufig unterschätzt. Epide­mio­logische Studien bringen die Inhalation der zahlreichen Schadstoffe des Tabakrauchs nicht nur mit einem niedrigen Geburtsgewicht, dem plötzlichen Kindstod, mit einer Anfälligkeit gegenüber Atemwegsinfekten und Asthma in Verbindung. Studien haben auch gezeigt, dass die Kinder von starken Raucherinnen häufiger unter Hörstörungen leiden.

Eine mögliche Erklärung hat ein Team um Ursula Koch von der Freien Universität Berlin jetzt im ventralen Nukleus des Lemniscus lateralis (VNLL) gefunden. Der VNLL ist Bestandteil der Hörbahn. Er erhält seine Informationen vom Nucleus cochlearis, der ersten Umschaltstelle für die vom Ohr eintreffenden Signale. Die Nerven im VNLL haben viele Rezeptoren für Nikotin. Vor allem die sogenannten alpha7-Nikotin-Acetylcholin-Rezeptoren sind laut Koch für die Entwicklung des Gehirns wichtig.

Die Stimulierung dieser Rezeptoren mit Nikotin, das beim Tabakrauchen der Mutter über die Plazenta den Kreislauf des Kindes und damit auch das Gehirn erreicht, hat in den Experimenten bei Mäusen eine massive Störung der Entwicklung des VNLL ausgelöst. Da der VNLL für die Analyse der Signale aus den beiden Ohren und damit auch für das Sprachverständnis zuständig ist, liefern die Ergebnisse eine plausible Erklärung für die Hörstörungen vieler Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft geraucht haben. 

In einer früheren Untersuchung hatten Teenager, die in Haushalten mit Rauchern lebten, zu 83 Prozent häufiger unter sensorineuralen Hörstörungen gelitten. Die Studie konnte allerdings nicht die pränatalen und postnatalen Einflüsse trennen. Fest steht aber, dass Kinder aus Raucherhaushalten häufiger schlecht hören.

Die Ergebnisse der Studie lassen vermuten, dass E-Zigaretten keine sichere Alternative zum Tabakrauchen sind, auch wenn epidemiologische Untersuchungen hierzu noch nicht vorliegen.

rme

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung