Politik

Weg für die Präimplantations­diagnostik in sechs Bundesländern frei

  • Dienstag, 14. Juli 2015

Stuttgart – Nach jahrelangen Diskussionen und Gesetzgebungsverfahren ist der Weg für die ethisch umstrittene Präimplantationsdiagnostik (PID) in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen frei. Am Mittwoch tritt in Stuttgart erstmals die im Embryonenschutzgesetz als Bedingung für die PID geforderte gemeinsame Ethikkommission der Länder zusammen, wie das Landessozialministerium am Montag mitteilte.

Die Expertenkommission hat acht Mitglieder und wird bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg angesiedelt. Vertreten sind vier Mediziner, ein Jurist, ein Ethiker sowie je ein Sprecher für Patienten und Behinderte. Aufgabe der Ethikkommissionen ist es zu prüfen, ob eine medizinische Indikation vorliegt, die zur Vornahme berechtigt. Dabei sollen psychische, soziale und ethische Gesichtspunkte Berücksichtigung finden.

Damit können sich ab sofort Paare an die Kommission wenden, um eine Genehmigung für die zuvor in Deutschland verbotene Methode zu erhalten. Das Gesetz sieht allerdings hohe Hürden vor. So ist die PID nur dann zulässig, wenn ein oder beide Elternteile die Veranlagung für eine schwere Erbkrankheit haben oder mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist.

Bundesweit ist die Einrichtung von insgesamt fünf Ethikkommissionen geplant. In Hamburg und Bayern haben sich die Gremien bereits konstituiert. Wie viele Paare die genetische Untersuchung beantragen werden, ist unklar. Schätzungen gehen von bundesweit 100 bis 200 pro Jahr aus.

Als PID wird die genetische Untersuchung eines im Reagenzglas befruchteten Embryos bezeichnet, bevor er in die Gebärmutter einer Frau übertragen wird. Dabei wird gezielt nach Erbkrankheiten oder Chromosomenanomalien gesucht und werden Embryonen gegebenenfalls vernichtet.

Laut baden-württembergischem Sozialministerium werden in Freiburg und Mannheim zwei Zentren eingerichtet, an die sich Paare für eine PID wenden können. „Die PID wird ausschließlich zur Vermeidung von schweren Erbkrankheiten, Tot- oder Fehlgeburten zur Anwendung kommen. Es geht um Paare, die gegebenenfalls bereits Schlimmes erlebt haben und denen die Kommission einen Weg in einer belastenden Situation aufzeigen kann”, sagte der Präsident der Ärztekammer Baden-Württemberg, Ulrich Clever.

Der Bundestag hatte nach heftigen Debatten bereits im Juli 2011 ein Gesetz verab­schiedet, das die PID grundsätzlich verbietet, sie aber Paaren erlaubt, bei denen beide eine Veranlagung für eine schwere Erbkrankheit in sich tragen oder die mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Tot- oder Fehlgeburt rechnen müssen. Für die genaue Umsetzung sind die Bundesländer verantwortlich.

Abgelehnt wird die PID unter anderen von der katholischen Kirche und Teilen der evangelischen Kirche. Sie warnen davor, dass PID zu einer neuen Form der Selektion zwischen „lebenswertem” und „lebensunwertem” Leben führt.

kna

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