Weiter Debatte um Streichung der Satzungsleistung Homöopathie

Berlin – Die geplante Streichung homöopathischer Behandlungen als Satzungsleistung der Krankenkassen stößt auf teils heftige Kritik.
Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) warf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Tagesspiegel Nebelkerzen zulasten der Homöopathie vor. Es handle sich um eine „scheinheilige Evidenz-versus-Kostendebatte“.
Viele Menschen würden der Homöopathie vertrauen, weil sie damit offensichtlich gute Erfahrungen machen würden, sagte der Grünen-Politiker weiter. „Hingegen sind die Kosten der Kassen für diese Leistungen marginal, höchstens zehn Millionen Euro würden dadurch eingespart.“ Lauterbach hatte eine Größenordnung von 20 bis 50 Millionen Euro geschätzt.
Die von Lauterbach angestoßene Debatte sei angesichts der geringen Einsparmöglichkeiten unangemessen, sagte Lucha weiter. „In dieser Situation diesen Konflikt aufzumachen, davor kann ich nur warnen.“ Der Grünen-Politiker forderte Lauterbach auf, sich um andere Herausforderungen im Gesundheitsbereich zu kümmern, etwa die Finanzierung der Leistungen für Bürgergeldversicherte.
Lauterbach hatte gesagt, die Homöopathie sei eine Leistung, die keinen medizinischen Nutzen auf der Grundlage des wissenschaftlichen Sachstandes erbringe. Von Grünen und CDU war der Plan kritisiert worden. Die FDP im Bundestag und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte den Vorstoß unterstützt.
Der Apothekerverband (DAV) prognostizierte eine Kostensteigerung. „Die Kosten für homöopathische Behandlungen als Kassenleistung sind im wahrsten Wortsinne homöopathisch. Eine Abschaffung könnte aber dazu führen, dass alternative Therapien der Ärzte mit anderen erstattungsfähigen Arzneimitteln umgesetzt werden, die viel teurer sind“, sagte Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR), der Rheinischen Post.
Er befürchte eine Benachteiligung von Menschen mit weniger Geld. „Denn wenn solche Behandlungen grundsätzlich nicht mehr von Krankenkassen bezahlt werden, werden sich Bürger mit schmalem Geldbeutel das eigenständig nicht mehr leisten können, finanziell besser Gestellte aber schon.“
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) sagte der Frankenpost, die Ankündigung sei eine „politische Nebelkerze“. Offensichtlich solle mit dieser Diskussion davon abgelenkt werden, dass die Bundesregierung bei der notwendigen Finanzierungsreform der gesetzlichen Krankenkassen nicht vorankomme.
Die evidenzbasierte moderne Medizin müsse zwar der Maßstab für die Versorgung sein. Es bestehe aber in der Bevölkerung durchaus auch der Wunsch nach ganzheitlichen alternativen Behandlungsansätzen. Wichtig sei, die Grenzen dieser Methoden zu kennen – „und das sollte der Entscheidung der Krankenkassen und der Versicherten wie bisher überlassen bleiben“, sagte Gerlach.
Kritik kommt auch vom Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVHÄ). „Eine Streichung der freiwilligen Kassenleistung Homöopathie würde das Therapieangebot in der ärztlichen Versorgung einschränken“, sagte die Vorsitzende, Michaela Geiger.
Lauterbach sieht das anders. Er hatte gestern betont, Leistungen seien nur dann Leistungen, wenn es eine medizinische Wirkung gebe. „Eine wirkungslose Versorgung ist in dem Sinne keine Leistung, somit ist es auch keine Leistungskürzung. Es ist nur eine Vergütungskürzung.“
Das Vorhaben soll nach Angaben des Ministers in Kürze gesetzlich umgesezt werden. Das genaue Gesetz, das als Trägergesetz dafür verwendet werden soll, steht aber noch nicht fest. Schon im vergangenen Jahr hatte Lauterbach angekündigt, diese Option zu prüfen.
Schon in der Vergangenheit hatte Lauterbach die Homöopathie aufgrund fehlender wissenschaftlicher Evidenz kritisiert. So begrüßte Lauterbach im März 2022 via Twitter den Beschluss des 126. Deutschen Ärztetages, dass Ärztekammern künftig keine Weiterbildungen mehr für Homöopathie anbieten sollen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: