Weiter Kritik an Ausbildungsreform in der Pflege
Berlin – Bei der Reform der Pflegeausbildung sind längst nicht alle Parteien mit dem eingeschlagenen Weg zufrieden. Das hat eine Anhörung im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gezeigt. Der Arbeitgeberverband Pflege kritisierte heute die Anhörung zum Entwurf der Ausbildungs- und Prüfverordnung in der generalistischen Pflegeausbildung scharf.
Diese habe „alle Befürchtungen bestätigt“, hieß es aus dem Arbeitgeberverband Pflege. Wie „auf Biegen und Brechen das Vorhaben zur generalistischen Pflegeausbildung einmal mehr durchgepeitscht werden soll“, sei „ein Lehrbeispiel dafür, wie fahrlässig Politik die Zukunft der Altenpflege aufs Spiel setzt“, hieß es aus dem Verband.
Nicht genügend Praxisplätze
Einwände gegen den Entwurf für die Ausbildungs- und Prüfverordnung kämen vor allem – aber nicht nur – aus der Altenpflege. „Die Träger sind zum Beispiel für die Bereitstellung aller Praxiseinsätze verantwortlich. Es müssen entsprechende Kooperationsverträge abgeschlossen werden. Wie aber soll das funktionieren, wenn schon heute absehbar ist, dass für den Pflichteinsatz Kinderkrankenpflege bundesweit auch nicht ansatzweise genügend Praxisplätze zur Verfügung stehen?“, sagte Friedhelm Fiedler, Vizepräsident beim Arbeitgeberverband Pflege.
Er kritisierte auch, dass die Bundesländer es ablehnten, Auszubildenden nach der Zwischenprüfung einen Helfer- oder Assistenzabschluss zu gewähren. „Viele der Auszubildenden, die das neue, in Teilen überzogen anspruchsvolle Ausbildungsniveau nicht schaffen, stehen dann womöglich mit leeren Händen da“, sagte er.
Kritik äußerte auch die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). „Dem Willen des Gesetzgebers, die Möglichkeit der eigenständigen Kinderkrankenpflege zu erhalten, muss auch in der Verordnung Rechnung getragen werden“, sagte DGKJ-Generalsekretär Burkhard Rodeck. Es könne beispielsweise nicht sein, dass die vergleichsweise wenigen Ausbildungsplätze (6.640) in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege durch die verpflichtenden Anteile der Ausbildung aller (120.000) verstopft würden.
Der Deutsche Bundestag hatte im vergangenen Juni nach langem Ringen eine Reform der Pflegeausbildung verabschiedet. Die Koalitionsfraktionen stimmten für das Pflegeberufegesetz. Grüne und Linke stimmten dagegen. Nach dem Gesetz soll künftig in allen Pflegeschulen die Ausbildung mit einer zweijährigen allgemeinen Pflegeausbildung beginnen.
Danach sollen die Azubis diese Ausbildung entweder fortsetzen oder sich im letzten Ausbildungsjahr als Altenpfleger oder Kinderkrankenpfleger spezialisieren können. Nach sechs Jahren soll geprüft werden, wie viele Auszubildende sich spezialisiert haben und wie viele ihren ursprünglichen Berufswunsch während der Ausbildung geändert haben.
Ringen um Verordnungsentwurf
Der jetzt in der Diskussion stehende Verordnungsentwurf beschreibt die zu vermittelnden Kompetenzen genauer. „Die Weiterentwicklung der Ausbildung folgt dem Ziel, ein möglichst breit gefächertes pflegerisches Kompetenzspektrum zu vermitteln und die Einsatzmöglichkeiten unabhängig von Altersstufen und Pflegesettings zu flexibilisieren“, schreibt der GKV-Spitzenverband in einer Stellungnahme zu dem Referentenentwurf. Die „gewollte Flexibilität und Durchlässigkeit über alle Pflegebereiche hinweg ist zu begrüßen, weil damit in noch höherem Maße die Möglichkeit eröffnet wird, auf wandelnde Pflegebedarfe zu reagieren“, heißt es in der Stellungnahme weiter.
Aber auch die Krankenkassen sehen die Befürchtungen verschiedener Akteure im Gesundheitswesen. „Vor dem Hintergrund der tiefgreifenden Änderungen der Ausbildungsstruktur hatte sich bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Pflegeberufegesetz gezeigt, dass die prognostizierten Auswirkungen der angestoßenen Reform unterschiedlich und kontrovers beurteilt werden“, heißt es in der Stellungnahme.
Der gefundene politische Kompromiss sei ein „pragmatischer Lösungsansatz“. Dieser macht allerdings aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes „zwingend auch eine wissenschaftliche Begleitforschung ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Ausbildung und deren Berücksichtigung bei weiteren Gesetzesanpassungen erforderlich“.
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