Ärzteschaft

Weiter Streit über die Pauschalen bei Chronikern

  • Donnerstag, 20. September 2018
Gespräch zwischen Arzt und Patient
/kazoka303030, stockadobecom

Berlin – Weitere Diskussion um die Chronikerpauschalen in der hausärztlichen Versorgung: Bei einem Treffen zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband am Dienstag gab es zwischen beiden Vertragspartnern keine Einigung, die Krankenkassen lehnten den Vorschlag der KBV ab. Nun muss der Erweiterte Bewertungsausschuss entscheiden.

Dabei liegen zwei Konzepte auf dem Tisch: Die KBV will erreichen, dass die soge­nannte „Vier-Quartals-Vorgabe“ entfällt und die Abrechnung der Chroniker­pauschalen nur noch an die Behandlung bestimmter Krankheiten gekoppelt ist, heißt es in einer Mitteilung. Mehrkosten entstünden den Kassen dadurch nicht, so die KBV. Bislang dürfen Hausärzte und Pädiater die Pauschalen nur abrechnen, wenn der Patient in drei von vier vorangegangenen Quartalen wegen derselben chronischen Erkrankung in Behandlung war.

Praxisferne Regelung

„Diese Regelung orientiert sich weder an der Praxisrealität noch ist sie praktikabel“, kritisierte Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV. Mit Blick auf das geplante Terminservice- und Versorgungsgesetz sagte Hofmeister: „Wir müssen aufpassen, dass die Versorgung von chronisch kranken Menschen nicht schlechter wird.“

Über eine Reform der Chronikerpauschalen wird schon länger diskutiert: So beauftragte die Vertreterversammlung der KBV bereits Ende 2015 den Vorstand, sich für die Streichung des Vorquartalsbezugs in den Abrechnungsbedingungen für einzelne EBM-Leistungen einzusetzen und die Zahlung der Pauschalen an die Diagnose zu knüpfen.

Diese Idee lehnte der GKV-Spitzenverband in den vergangenen Sitzungen ab und präsentierte offenbar nun einen eigenen Vorschlag: Demnach sollen die Chroniker­pauschalen auch für Patienten abgerechnet werden dürfen, die mindestens sechs Wochen im Krankenhaus behandelt wurden und deswegen nicht in drei von vier vorangegangenen Quartalen in der Hausarztpraxis waren. Kritisiert wird auch die Idee der KBV, die Pauschale an bestimmte Krankheiten zu koppeln. Hier bestünde aus Sicht der Kassen die Gefahr, dass fehlerhaft codiert werde. Über beide Vorschläge muss nun der Erweiterte Bewertungsausschuss entscheiden.

Würde sich der Vorschlag der Krankenkassen durchsetzen, sieht die KBV einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand für den Hausarzt. Außerdem löse er die Probleme der jetzigen Regelung nicht. Bei der derzeitigen „Vier-Quartals-Vorgabe“ muss der Hausarzt prüfen, ob der Patient in seiner Praxis war. Dies führe immer wieder zu Regressanträgen der Krankenkassen, so die KBV.

Ein weiteres Beispiel: Die Betreuung eines Chronikers ist oftmals zu Beginn der Behandlung besonders hoch, beispielsweise die Einstellung eines insulinpflichtigen Diabetikers. „Die aktuelle Regelung führt aber dazu, dass gerade dann die Chronikerpauschale nicht abrechnungsfähig ist“, erklärt die KBV in einer Mitteilung.

Vorwurf der Falschcodierung vollkommen ungerechtfertigt 

Ähnliches gilt, wenn Patienten länger in einer Rehaeinrichtung oder im Urlaub waren, heißt es. „Die ärztliche Behandlung chronisch Kranker soll ja, ganz im Gegenteil, im Sinne des Patienten eine Stabilisierung des Befindens und Reduktion der notwendigen Arztbesuche erreichen. Hier wird, wieder einmal, durch die Argumentation des GKV-Spitzenverbandes die Versorgung auf den Kopf gestellt“, so Hofmeister.

Er verwehrt sich auch gegen den Vorwurf, dass Vertragsärzte die Krankheiten im KBV-Vorschlag falsch codieren würden. „Den Vorwurf der Falschcodierung weist die KBV empört zurück. Hier wird versucht, vom gewaltigen Problem der Kassen mit dem Risiko­strukturausgleich durch unhaltbare Unterstellungen gegen die Ärztinnen und Ärzte abzulenken“, sagte Hofmeister.

bee/EB

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