WHO-Studie: Wie lange hält der Impfschutz gegen COVID-19?

Genf – Die Schutzwirkung einer Impfung gegen COVID-19 kann bereits in den ersten Monaten nachlassen. Nach einer Meta-Analyse der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Lancet muss in den ersten 6 Monaten mit einem Rückgang der Impfstoffwirksamkeit um etwa 20 % gerechnet werden. Der Schutz vor schweren Erkrankungen könnte länger erhalten bleiben (2022; DOI: 10.1016/S0140-6736(22)00152-0).
Die Erfahrungen im ersten Jahr seit Einführung der Coronaimpfstoffe haben gezeigt, dass die Dauer des Impfschutzes kaum vorhersehbar ist und durch jede neue Variante infrage gestellt wird. Ein Team um Daniel Feikin von der WHO in Genf hat dennoch versucht, den Rückgang in Zahlen zu fassen.
Grundlage der Meta-Analyse waren 18 Studien, darunter 3 randomisierte klinische Studien, die alle vor dem Auftreten von Omikron durchgeführt wurden und die Möglichkeit eines Boosters nicht berücksichtigen.
Die Studien betreffen die ersten 4 Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna, Janssen und Astrazeneca, die im vergangenen Jahr in westlichen Ländern breit eingesetzt wurden. Die Ergebnisse dürften deshalb nur eine grobe Orientierung für die anstehende Frage sein, in welchen Intervallen Impfungen aufgefrischt werden müssen.
Die meisten Studien kamen zu dem Ergebnis, dass die Impfstoffwirksamkeit schon nach einigen Monaten nachlässt. Die einzige Ausnahme war die Zulassungsstudie zum Moderna-Impfstoff mRNA-1273, der auch in der Nachbeobachtungszeit unverändert wirksam blieb. Dies könnte allerdings damit zusammenhängen, dass in dieser Zeit in den USA, wo die Studie durchgeführt wurde, keine neuen Varianten aufgetreten sind.
In der Gesamtschau aller 4 Impfstoffe kommt Feikin zu dem Ergebnis, dass der Schutz vor einer Infektion in den ersten 6 Monaten um 21,0-%-Punkte abnimmt (95-%-Konfidenzintervall 13,9 bis 29,8-%-Punkte).
Die Impfstoffwirksamkeit gegen schwere Erkrankungen verringerte sich nur um 10,0-%-Punkte (6,1 bis 15,4-%-Punkte). Dies könnte bedeuten, dass die Schutzwirkung nach 6 Monaten noch bei über 70 % liegt.
Auch wenn die Studie keine Aussagen über Omikron zulässt, könnte diese anhaltende Wirkung der Impfung mit erklären, warum die Zahl der schweren Erkrankungen in der aktuellen Omikron-Welle niedrig geblieben ist.
Interessant ist, dass die Impfstoffwirksamkeit in den höheren Altersgruppen nicht schneller nachließ als bei jungen Menschen, so dass die älteren im Prinzip nicht frühzeitig geboostert werden müssten. Feikin gibt aber keine konkreten Ratschläge für die politischen Entscheidungsträger.
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