Medizin

Wie das potenzielle Coronamedikament Molnupiravir wirkt

  • Mittwoch, 18. August 2021
Der antivirale Wirkstoffkandidat Molnupiravir (gelb) wird in die virale RNA eingebaut und führt dort zu Mutationen (violett), die letztendlich die Vermehrung des Virus verhindern. /Kabinger, Dienemann, Cramer, Max Planck Institute for Biophysical Chemistry
Der antivirale Wirkstoffkandidat Molnupiravir (gelb) wird in die virale RNA eingebaut und führt dort zu Mutationen (violett), die letztendlich die Vermehrung des Virus verhindern. /Kabinger, Dienemann, Cramer, Max Planck Institute for Biophysical Chemistry

Würzburg – Der antivirale Arzneimittelkandidat Molnupiravir schleust RNA-ähnliche Bausteine in das Erbgut des Coronavirus SARS-COV-2 ein und verhindert so dessen Ausbreitung. Den molekularen Mecha­nismus konnten Forschende am Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie und der Ju­lius-Maximilians-Universität Würzburg aufklären. Die Ergebnisse wurden in Nature structural & molecu­lar biology publiziert (DOI: 10.1038/s41594-021-00651-0).

Biochemische Untersuchungen zeigen, dass die virale RNA-abhängige RNA-Polymerase (RdRp) als Subs­trat die aktive Form von Molnupiravir (β-d-N4-Hydroxycytidin (NHC) Triphosphat) verwendet – anstelle von Cytidintriphosphat oder Uridintriphosphat. Nimmt die RdRp diese RNA als Vorlage, resultieren mutierte RNA-Kopien.

Dadurch könne sich der Erreger nicht mehr vermehren, erläuterte Erstautor Florian Kabinger. Gemeinsam mit den anderen Erstautoren, Carina Stiller und Jana Schmitzová, führte er die entscheidenden Experi­mente durch. Im Gegensatz zu Remdesivir, das die virale RNA-Polymerase ausbremst, beeinträchtigt Mol­nupiravir die Funktion der Kopiermaschine daher nicht direkt.

„Nach unseren Ergebnissen wirkt Molnupiravir in zwei Phasen“, erklärte Max-Planck-Direktor Patrick Cramer. Molnupiravir wird nach oraler Einnahme erst durch die Verstoffwechselung im Körper aktiviert. Körperzellen wandeln es in RNA-ähnliche Bausteine um. In der ersten Phase schleust RdRp die Bausteine in das Virus-RNA-Erbgut ein. In der zweiten Phase verbinden sich die RNA-ähnliche Bausteine mit denen des viralen Erbguts.

Der Zwei-Phasen-Wirkmechanismus von Molnupiravir scheint auch bei anderen RNA-Viren Mutationen auszulösen und deren Ausbreitung zu hindern. „Mit dem Wirkstoff ließe sich möglicherweise ein ganzes Spektrum von viralen Erkrankungen behandeln“, sagte die Chemikerin Claudia Höbartner von der Uni­versität Würzburg. Molnupiravir habe viel Potenzial.

Zurzeit befindet sich der Wirkstoff, der ursprünglich als Grippemedikament entwickelt wurde, in der letzten Entwicklungsphase, Phase III. Ob Molnupiravir sicher ist und als Medikament zugelassen werden kann, wird voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte bekannt. Die US-Regierung ist dabei optimistisch: Sie hat sich bereits rund 1,7 Million Dosen im Wert von mehr einer Milliarde Dollar gesichert.

EB/gie

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