Medizin

Wie Ethambutol bei Tuberkulose wirkt

  • Dienstag, 28. Februar 2017

München – Ethambutol gehört seit Langem zur Standardtherapie gegen Tu­ber­kulose (TB). Das Mittel wirkt bakteriostatisch, tötet die Zellen aber nicht ab. Eine Ar­beitsgruppe um Marc Bramkamp, Mikrobiologe an der Ludwigs-Maximilians-Universi­tät München, hat den Wirkmechanismus jetzt im Detail untersucht und dabei unter anderem mit höchstauflösender Mikroskopie den Einfluss des Antibiotikums auf die Bakterienzellen sichtbar gemacht. Die Arbeit ist in der Fachzeitschrift mBio erschienen, dem Open-Ac­c­ess-Ma­gazin der American Society for Microbiology (2017; doi: 10.1128/mBio.02213-16).

TB gehört weltweit zu den zehn häufigsten Todesursachen, jedes Jahr sterben 1,5 Milli­o­nen Menschen an der Infektion. TB-Patienten müssen eine antibiotische Kombi­nations­the­rapie einnehmen, zu der häufig auch Ethambutol gehört. „Es ist schon lange im Ein­satz, doch wie genau es wirkt, war bislang nicht bekannt“, schreiben die Autoren.

Die Zellwand von Mycobacterium tuberculosis ist komplex aufgebaut: Um die bei den meis­ten Bakterien übliche Schicht aus Peptidoglykan, einem Netz aus speziellen Zu­ckern und Aminosäuren, liegt ein Geflecht von Zuckern wie Galaktose und Arabinose, das so­genannte Arabinogalaktan. Damit verbunden ist wiederum eine dichte Lipid­schicht, die die gesamte Bakterienhülle widerstandsfähig macht.

Die stäbchenförmigen Mykobakterien wachsen besonders von den Enden her, den soge­nannten Zellpolen. Von dort aus, so konnten die LMU-Wissenschaftler mit ihren Ex­pe­rimenten an harmlosen Verwandten des Tuberkuloseerregers zeigen, über­zieht eine komplexe Synthesemaschinerie die Bakterienzelle im Normalfall mit den beiden äußeren Hüllen. Diesen Prozess unterbindet Ethambutol: Es sorgt dafür, dass sich die Arabinose­moleküle nicht zu größeren Einheiten zusammenfügen können, den Bakterien fehlt eine intakte Arabinogalaktanschicht und damit auch der äußere Lipid­mantel.

Allerdings konnten die Wissenschaftler auch eine zweite Wirkung der Ethambutol-Be­hand­­lung nachweisen: Aus den ehemals langgezogenen Stäbchen werden im Verlauf der Zellteilungszyklen immer kugelförmigere Bakterien. Dies zeigt laut den Wissen­schaft­lern, dass die Zellen in die sogenannte stationäre Phase übergehen, eine Art Schlafstadium, das sie unangreifbar macht für Antibiotika, die sich gegen wachsende Zellen richten.

„Mit Ethambutol allein würde man die Erreger also in einen Zustand bringen, in dem man sie gewiss nicht haben möchte“, erläuterte Bramkamp. Allerdings ergänzen und verstär­ken in der TB-Therapie Antibiotika, die in die Peptidoglykan­synthese eingreifen, Etham­bu­tol in seiner Wirkung.

hil

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