Politik

Windeler stellt Vorsorge­untersuchungen infrage

  • Montag, 30. Dezember 2013
Uploaded: 30.12.2013 11:13:46 by mis
Jürgen Windeler /dpa

Berlin – Der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Jürgen Windeler, hat den Sinn vieler Vorsorgeuntersuchungen in Arztpraxen infrage gestellt. Nach wissenschaftlichen Kriterien seien unter anderem die Tast­untersuchung nach Prostatakrebs, der regelmäßige allgemeine Check-up und das Hautkrebs-Screening fragwürdig, sagte der Leiter des IQWIG der Berliner Zeitung vom Samstag. Die Patienten müssten sich darüber im Klaren sein, dass es dabei auch um handfeste ökonomische Interessen der Ärzte gehe.

Windeler verlangte eine nüchterne Debatte über Sinn und Zweck der Angebote. „Den Versicherten wird mit einigen Kampagnen ja geradezu ein schlechtes Gewissen eingeredet, wenn sie nicht zu einer Früherkennung gehen. Prominente, die vermutlich nicht wissen, was sie da tun, werden für Werbung eingespannt", beklagte er. Nutzen und Schaden derartiger Untersuchungen lägen jedoch häufig dicht  beieinander. Daher sei es vor allem wichtig, dass über Vor- und Nachteile nüchtern und umfassend informiert werde. „Ob man das Angebot dann annimmt, sollte die souveräne Entscheidung eines jeden Einzelnen sein, ohne Druck und ohne Gewissensbisse."

Andere Kritiker argumentieren aber immer wieder, dass es bei Vorsorge­untersuchen auch zu Fehldiagnosen und schlimmstenfalls unnötigen Operationen komme, sich die Gesundheitskosten langfristig aber nicht senken ließen.

Das Bundesgesundheitsministerium verwies am Samstag darauf, dass der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet, welche Leistungen von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden. Dies geschehe auf wissenschaftlicher Grundlage.

Ein Sprecher der Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen sagte der, der Leistungskatalog der Kassen umfasse ein breites Spektrum an Vorsorge­unter­suchungen. „Das Problem bei vielen darüber hinausgehenden Zusatzleistungen von Ärzten ist, dass sie mehr dem Portemonnaie des Arztes dienen als der Gesundheit des Patienten.”

Die gesetzlichen Kassen übernehmen eine Reihe von Vorsorgeuntersuchungen, darunter diverse für Kinder und Jugendliche, alle zwei Jahre ein Hautkrebsscreening für Männer und Frauen ab 35 sowie verschiedene andere zur Krebsfrüherkennung. Anspruch auf einen allgemeinen Check-up haben Patienten ab einem Alter von 35 Jahren alle zwei Jahre. Darüber hinaus bieten viele Ärzte sogenannte individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) an, die Patienten selbst zahlen müssen.

Im Koalitionsvertrag verständigten sich CDU, CSU und SPD darauf, die  Früher­kennungs­untersuchungen bei Kindern und die ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen bei Erwachsenen zu „stärken”. Die Kassen sollen deutlich mehr für Vorsorge ausgeben als bisher.

dpa

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