Politik

Wirtschafts­wissenschaftler für monistische Krankenhaus­finanzierung

  • Montag, 10. Oktober 2022
/picture alliance, Stockfotos-MG
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Berlin – Der Kronberger Kreis hat die Einführung einer monistischen Krankenhausfinanzierung durch den Bund gefordert. Zugleich solle der Bund auch Vorgaben für die Krankenhausplanung machen, die im ganzen Land gelten. Das geht aus der Untersuchung „Krankenhausversorgung in Deutschland: Diagnose und Thera­pie“ hervor, die der Kronberger Kreis heute vorgelegt hat.

Der Kronberger Kreis ist der wissenschaftliche Beirat der Stiftung Marktwirtschaft, deren Mitglieder der Über­zeugung sind, „dass der Markt für die Gesellschaft mehr Freiheit und Wohlstand hervorbringen kann als staat­liches Handeln“, wie es auf Website der Stiftung heißt. Der Kreis setzt sich aus sechs Hochschulprofessoren der Wirtschafts- und Rechtswissenschaften zusammen.

„Die Krankenhausversorgung in Deutschland hat drei Defizite: Es gibt auffällig viele Krankenhausbetten, es gibt auffällig viele zu kleine Krankenhäuser und es gibt auffällig zu geringe Krankenhausinvestitionen“, er­klärte Berthold Wigger vom Karlsruher Institut für Technologie anlässlich der Veröffentlichung der Studie. Eine der Ursachen dafür seien die Anreize, die das aktuelle Finanzierungssystem setze.

Länder übertragen Kosten an die Krankenversicherung

Heute hätten die Bundesländer einen Anreiz, die Investitionskosten, die sie eigentlich in ausreichender Höhe an die Krankenhäuser bezahlen müssen, auf die Krankenversicherung zu überwälzen. „Das gelingt dadurch, dass sie die Investitionsmittel herunterfahren und die Krankenhäuser so dazu zwingen, die Investitionen aus ihren Deckungsbeträgen mitzufinanzieren“, so Wigger.

„Das wiederum löst einen Anreiz bei den Krankenhäusern aus, möglichst viele Behandlungsfälle und zudem möglichst viele Behandlungsfälle mit hohen Deckungsbeträgen zu generieren.“ Dies gelinge, weil Ärztinnen und Ärzte besser beurteilen könnten, welche Leistungen notwendig seien, als die Patienten. Auf diese Weise setze das Krankenhausfinanzierungssystem Anreize, die zu einer Überversorgung führen.

„Wir schlagen vor, die Finanzierung monistisch zu gestalten und sie auf die Bundesebene zu verlagern“, sagte Wigger. „Mit den Behandlungsfällen wären auf diese Weise auch die Investitionskosten abgedeckt. So würde der Anreiz der Bundesländer aufgeweicht, die Kosten zu externalisieren, indem sie auf die Krankenversiche­rung übertragen werden.“ Mit einer monistischen Finanzierung wäre auch eine stärkere zentrale Planung ver­bunden.

Bund soll Krankenhausplanung übernehmen

„Wir plädieren dafür, auf Bundesebene Kriterien für eine Mindestversorgung zu definieren, die eine flächende­ckende Patientenversorgung gewährleistet“, erklärte Heike Schweitzer von der Humboldt-Universität Berlin.

„Aus unserer Sicht sollte der Bund bei der Planung die Zuständigkeit erlangen, weil bei den Ländern Gesichts­punkte der mittel- und langfristigen Effizienz des stationären Sektors stark mit kurzfristigen politischen Moti­ven der Landespolitik in Spannung geraten.“

Die Bundesländer sollten allerdings die Möglichkeit erhalten, die bundesweite Mindestversorgung auf eigene Kosten zu ergänzen. Mit der Definition einer Mindestversorgung könne dabei auch die Definition einer Höchst­versorgung durch den Bund einhergehen – damit sich die Krankenhausträger nicht zu stark auf die Städte fokussieren.

Krankenkassen sollen Versicherten Krankenhäuser empfehlen

Wigger kommentierte in diesem Zusammenhang das Argument, dass die vielen Krankenhausbetten dabei ge­holfen hätten, dass Deutschland vergleichsweise gut durch die Coronapandemie gekommen sei.

„Viele kleine Krankenhäuser zu haben, hat sich in der Pandemie nicht als vorteilhaft erwiesen, da die schwe­ren Fälle doch alle in den größeren Krankenhäusern behandelt wurden“, sagte er. Zudem sollten Redundanzen im Krankenhausbereich kein Ergebnis mangelnder Planung sein, sondern das Ergebnis einer systematischen Planung.

Justus Haucap vom Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie sprach sich dafür aus, Selektivverträge im stationären Bereich stärker zu nutzen. „Krankenkassen sollten auf diese Weise eine gewisse Vorsteuerung der Patientenströme vornehmen“, meinte er.

„Sie sollten ihren Versicherten eine begrenzte Auswahl an Krankenhäusern empfehlen, aus denen diese dann wählen können – wenn in der jeweiligen Region genügend Krankenhäuser zur Verfügung stehen.“

fos

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