Zugang zu medizinischer Hilfe in Afghanistan deutlich ausbaufähig

Kabul/Berlin – Trotz jahrzehntelanger internationaler Hilfe und Investitionen hat die afghanische Bevölkerung nach wie vor nur unzureichenden Zugang zu medizinischer Hilfe. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen.
Demnach sind vor allem die Unsicherheit im Land, große Entfernungen zu funktionstüchtigen Krankenhäusern, hohe Behandlungskosten sowie fehlendes Personal und Ausrüstung dafür verantwortlich.
„Unsere Patienten berichten von langen, gefährlichen Wegen, um mangelernährte Babys, Schwangere oder verletzte Angehörige ins Krankenhaus zu bringen“, sagte Julien Raickman, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Afghanistan. „Sie berichten von Kliniken, in denen es nicht genügend Medikamente oder qualifiziertes Personal gibt. Sie kämpfen mit Schulden durch Behandlungskosten.“
Die verzögerten Aufnahmen haben laut Angaben der Hilfsorganisation nicht selten tödliche Folgen: 44 Prozent der Kinder, die im ersten Halbjahr 2019 im Boost-Krankenhaus in der Provinz Helmand innerhalb von 24 Stunden nach Einlieferung verstarben, konnten nur aufgrund der verspäteten Aufnahme nicht gerettet werden.
„Wir haben Angst, nachts rauszugehen. Also müssen wir immer bis zum Tagesanbruch warten, um ins Krankenhaus zu fahren“, beschreibt der Betreuer einer Patientin auf der Entbindungsstation des Boost-Krankenhauses.
Armut hat ebenfalls einen erheblichen Einfluss auf den Zugang der Menschen zu medizinischer Versorgung. Bis zu 89 Prozent der im Regionalkrankenhaus Herat befragten Patienten und Betreuenden gaben an, dass sie medizinische Versorgung wegen finanzieller Probleme aufschieben mussten.
Ärzte ohne Grenzen ist seit 1980 in Afghanistan aktiv und hat derzeit sechs Projekte in sechs Provinzen: Kabul, Khost, Kandahar, Kundus, Helmand und Herat. 2018 tätigten die Teams 411.700 ambulante Konsultationen, begleiteten 74.600 Geburten und nahmen 6.890 größere chirurgische Eingriffe vor.
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