Depression trotz Häufigkeit weiterhin stigmatisierte Erkrankung

Berlin – Ärzte und psychologische Psychotherapeuten können Depressionen meist erfolgreich behandeln. Allerdings erhalten noch immer zu wenige Betroffene professionelle Hilfe. Darauf hat die Bundesärztekammer (BÄK) hingewiesen. „Wir müssen gesellschaftlicher Stigmatisierung entgegentreten und die vielfältigen Möglichkeiten der sprechenden Medizin insgesamt sowie der Psychotherapie im Besonderen weiter stärken“, sagte der BÄK-Vorstandsbeauftragte für ärztliche Psychotherapie, Ulrich Clever, im Vorfeld des Weltgesundheitstages am 7. April.
Clever warnte, dass sich Betroffene aus Scham und aus Angst vor Stigmatisierung häufig scheuten, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Patienten sowie ihr soziales Umfeld müssten wissen, dass eine Depression keine Frage von Schuld sei. „Aufklärungsarbeit ist wichtig. Ebenso wichtig ist es, dass die notwendigen Versorgungsangebote zur Verfügung stehen, wenn sich Betroffene für professionelle Unterstützung entscheiden“, so der Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg. Clever wies darauf hin, dass die neu eingeführten psychotherapeutischen Sprechstunden und Akutbehandlungen zu einer schnelleren Versorgung beitragen könnten.
„Wunder sollte man sich davon jedoch nicht erwarten. Wenn ein Patient eine Sprechstunde aufsucht, heißt das noch nicht, dass er kurzfristig in eine sich daraus ergebende Behandlung überführt werden kann“, betonte er. Angesichts des enormen Anstiegs diagnostizierter psychischer Erkrankungen sei eine grundsätzliche Debatte darüber notwendig, welche Bedeutung man diesem Versorgungsbereich beimesse. „Wenn die Krankenkassen auf die Sparbremse drücken, wie bei den von ihnen durchgesetzten jüngsten Beschlüssen zur Honorierung psychotherapeutischer Sprechstunden und Akutbehandlungen, werden die Rahmenbedingungen nicht besser“, kritisierte Clever.
Dies betont auch der Spitzenverband ZNS (SpiZ): „Die enorme Bedeutung neurologischer und psychischer Erkrankungen und damit auch der sprechenden Medizin für die gesamte Gesundheitsversorgung sollte allen Beteiligten präsent sein. Das muss sich endlich auch auf eine sachgerechte Vergütung dieser Leistungen auswirken“, sagte Christa Roth-Sackenheim, Mitglied des SpiZ und Vorsitzende des Berufsverbands deutscher Psychiater.
Hoffnungsvolle Signale in Bezug auf die Stigmatisierung der Krankheit sieht die Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Es sei ein gutes Zeichen, dass viele Prominente wie Adele, Bruce Springsteen oder die Botschafterin der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, Model und Bloggerin Victoria van Violence, im vergangenen Jahr offen über ihre Depressions-Erkrankung gesprochen hätten, sagte Ulrich Hegerl, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie und Vorstandsvorsitzender der Stiftung. Er betonte, depressiv Erkrankte seien nicht allein: Im Laufe eines Jahres erkrankten in Deutschland mehr als 5,3 Millionen Menschen. Depressionen seien die häufigste Ursache der jährlich circa 10.000 Suizide in Deutschland.
Die Deutsche Depressions-Liga bezeichnete es als ein „sehr starkes und wichtiges Zeichen der Weltgesundheitsorganisation WHO“, die Depression zum Thema des Weltgesundheitstages zu machen. Psychische Erkrankungen würden von Betroffenen und deren Umfeld immer noch oft geheim gehalten, hieß es aus der Selbsthilfeorganisation.
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