Spahn will „Umsetzungspräsidentschaft“, keine „Ankündigungspräsidentschaft“

Brüssel – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat bei einer Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss im Europäischen Parlament für das Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft geworben. „Wir werden keine Ankündigungspräsidentschaft sondern eine Umsetzungspräsidentschaft sein“, kündigte Spahn gestern an.
Dabei sollen vor allem die Lehren aus der COVID-19-Pandemie gezogen werden und welche Auswirkungen dies auf eine europäische Gesundheitspolitik haben könnte. Eine Harmonisierung der 27 Gesundheitssysteme in den Bereichen Organisation, Finanzierung oder Zugang lehnte der deutsche Minister auf Nachfrage von Abgeordneten und mit Blick auf die Historie der einzelnen Staaten definitiv ab.
Auf dem Programm der deutschen Ratspräsidentschaft steht vor allem die Verbesserung des Krisenmanagements innerhalb der EU und ihrer Institutionen sowie die Sicherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln. Hier müssten Wirkstoffqualität, Produktionstransparenz sowie Transparenz bei der Herstellung deutlich werden, Deutschland werde Vorschläge vorlegen. „Wir müssen hier beim Ausbau der Wirkstoffproduktion zusammenarbeiten“, so Spahn.
Als dritten Schwerpunkt soll der Austausch von Daten sowie die Interoperabilität der Systeme forciert werden. Die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig auch hier die digitale Zusammenarbeit ist. Auch die Strukturen der Organisationen für die internationale Zusammenarbeit, wie beispielsweise die WHO, müsse gestärkt werden. „Die WHO kann nur so gut sein, wie die Mitgliederländer sie lassen.“
Für die Zusammenarbeit in Europa müsse das Europäische Zentrum für Krankheitsvorbeugung und Kontrolle (ECDC) deutlich gestärkt werden. Dazu müssten mehr Gelder aus dem EU-Haushalt, aber auch Kompetenzen bereit gestellt werden. Um in solchen Situationen wie einer Pandemie einheitlicher zu agieren, müsse es vergleichbare Daten der 27 EU-Staaten geben, die digital abrufbar beispielsweise in einem Frühwarnsystem seien.
Die aktuelle Gesetzgebung wie beispielsweise der Plan „EU4Health“ würde weiter aktiv begleitet werden. Gleiches gelte für den zwischen dem Parlament, dem Rat und der Kommission eher umstrittene Entwurf für Health Technology Assessment (HTA), an dem weiter gearbeitet werden soll. Bei dem Konflikt geht es vor allem um die Nutzenbewertung und wie verbindlich die Ergebnisse einer europäischen Bewertung für die Umsetzung in den einzelnen EU-Staaten wäre.
Die Abgeordneten, die teilweise digital dazu geschaltet waren, teilweise im Parlament in Brüssel anwesend waren, wollten vor allem Aussagen von Spahn zu den Themen Arzneimittelsicherheit oder auch Arbeitsschutz und Zugang zur Gesundheitsversorgung erfahren. Beim Thema Lieferengpässe von Arzneien forderte Spahn die EU-Kommission auf „endlich, endlich“ ihre Pläne vorzulegen. Es gäbe schon seit geraumer Zeit Diskussionen dazu.
Die entsprechenden Vorschläge von Deutschland zur europäischen Zusammenarbeit bei der Wirkstoffproduktion sowie zur Qualität von Wirkstoffen soll auf dem informellen Ministertreffen am 16. Juli besprochen werden. Dort werde auch über die nicht-übertragbaren Krankheiten und die Zuständigkeit der ECDC dazu gesprochen.
Spahn erklärte, dass in der EU inzwischen ausreichend Beatmungsgeräte sowie Masken produziert werden würden. Hier müsse es einen Austausch der Materialien geben, falls in einigen Ländern weiteres Material benötigt werde.
Auch auf die Frage nach der Verfügbarkeit von Remdesivier des US-Pharmaherstellers Gilead erklärte Spahn, es gäbe Vorräte besonders in Deutschland „für einige hundert Patienten.“ Falls in anderen EU-Ländern Medikamente benötigt würden, gäbe „es natürlich Kooperationen dabei“.
Er erwarte aber von einem US-Unternehmen, dass eine Zulassung für seine Produkte in der EU habe, dass Produkte in den 27 Staaten auch lieferbar seien. „Das habe ich mit dem US-Gesundheitsminister aber auch mit Gesprächen mit der Firma deutlich gemacht.“
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