Politik

Landessozialgericht erteilt Mischpreisbildung bei neuen Arzneimitteln Absage

  • Mittwoch, 28. Juni 2017
/athomass, stock.adobe.com
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Berlin – Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat heute zwei Klagen des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verhandelt und in diesem Zuge den Gesetzgeber aufgefordert, die Preisbildung von neuen Arzneimitteln präziser zu klären. Konkret ging es bei den beiden Verfahren um die Festsetzung des Erstattungsbetrages für die beiden Arzneimittel Eperzan, Wirkstoff Albiglutid, und Zydelig mit dem Wirkstoff Idelalisib (L 9 KR 213/16 KL und L 9 KR 72/16 KL).

Beide Präparate haben im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eine Nutzen­bewertung durchlaufen. Dabei hat der G-BA jeweils mehrere Patientengruppen gebildet, für die die Arzneimittel in Betracht kommen. Einen Zusatznutzen im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie sah der G-BA jeweils nicht in allen Patienten­gruppen, sondern nur für einige, für andere dagegen nicht.

Die Festlegung eines Erstattungsbetrages begegnete damit der Schwierigkeit, einen einheitlichen Preis für Arzneimittel zu bilden, die für einen Teil der Patientengruppen einen Zusatznutzen aufweisen, für einen anderen Teil aber nicht. Eine Schiedsstelle bildete letztlich einen Mischpreis.

Schiedsspruch aufgehoben

Im Urteil zu Eperzan gab der 9. Senat des LSG der Klage des GKV-Spitzenverbandes statt und hob den Schiedsspruch vom 6. April 2016 auf. Der Grund: Der Schiedsspruch sei rechtswidrig, weil er an einem Begründungsmangel leide. Der mit 1.200 Euro bezifferte Wert des Zusatznutzens sei nicht nachvollziehbar, sondern scheine frei „gegriffen“, so das Gericht. Es äußerte sich in diesem Zusammenhang auch grundsätzlich zu der Mischpreisbildung bei neuen Arzneimitteln: Sie stelle keine „nutzenadäquate Vergütung“ dar. Eine gesetzliche Regelung dazu sei daher erforderlich.

Auch bei der zweiten entschiedenen Sache zu Zydelig hat der Senat den Schiedsspruch der beklagten Schiedsstelle aufgehoben. Die Begründung entspricht im Wesentlichen derjenigen für Eperzan. Allerdings sei bei Zydelig nicht einmal ansatzweise zu erkennen gewesen, wie sich der Rechenweg zum Erstattungsbetrag gestaltet habe, kritisiert das Gericht.

Der GKV-Spitzenverband strebt an, für Arzneimittel nach der frühen Nutzenbewertung regelhaft differenzierte Preise zu verhandeln. Das geht aus einem Konzeptpapier zur „Nutzenorientierten Erstattung von Arzneimitteln“ des Verbandes vom Juni 2016 hervor. Danach soll es für einen Wirkstoff, der unterschiedliche Wirkungen auf unterschiedliche Patientengruppen hat, auch unterschiedliche Preise geben.

Für Patientengruppen, für die der Hersteller keinen Zusatznutzen seines Präparates nachweisen konnte, soll ein Basispreis ähnlich der Vergleichstherapie verhandelt werden. Für Gruppen, für die das Präparat einen Zusatznutzen aufweist, sollen Aufschläge gelten.

hil

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