Politik

Schulterschluss für Gesundheitskompetenz

  • Montag, 19. Juni 2017
/BMG, MichaelSchinkel
/BMG, MichaelSchinkel

Berlin – Nur gemeinsam sind wir stark. Dieses Motto hätte über der heutigen Veranstaltung zum Auftakt der Gründung einer „Allianz für Gesundheitskompetenz“ stehen können. 15 Verbände, Körperschaften und politische Institutionen aus dem Gesundheitswesen wollen sich „erstmalig“, wie das Bundesgesundheitsministerium (BMG) betonte, zu einer Allianz zusammenschließen, um die Gesundheitskompetenz der Bürger zu verbessern. Den Anstoß hatte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) bereits 2016 gegeben. Heute haben Vertreter aller Spitzenorganisationen bei einer Veranstaltung im BMG ihre Unterschrift zur Unterstützung der Allianz geleistet.

Ein Fokus der Allianz liegt auf der Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten. So wollen Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Projekte auflegen, bei denen Ärzte ihre Kommunikationsfähigkeiten schulen. Der 118. Deutsche Ärztetag hatte entsprechende Beschlüsse gefasst, wie künftige Fortbildungsmodule gestaltet werden sollen.

„Ärzte bilden sich doppelt so viel fort, wie sie es nach unseren Regularien tun müssten“, sagte BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery. In der ärztlichen Ausbildung soll bei der Novellierung des Medizinstudiums Kommunikation stärker eingebracht werden, kündigte er an. Auch in der Weiterbildung würden die Inhalte zum Kommunikationstraining verbessert werden.

Um Patienten schon heute Arztbriefe leichter verständlich zu machen, bietet die Plattform „Was hab ich?“ einen „Übersetzungsdienst“ an. „Die Fachsprache der Medizin reicht nicht, um mit dem Patienten zu kommunizieren“, erklärte Ansgar Jonietz, Geschäftsführer der Plattform. Um die Übersetzung des Arztbriefes in den kommenden Jahren möglichst vielen Patienten in der Regelversorgung anbieten zu können, wird die Plattform derzeit von Geldern aus dem Innovationsfonds gefördert. Weitere acht Projekte mit Schwerpunkt Patientenkommunikation erhalten ebenfalls Förderungen des Fonds.

Die Steigerung der Gesundheitskompetenz soll auch in anderen Bereichen erzielt werden: Es soll bessere Informationsangebote geben, „damit Patienten sich nicht schlechter behandelt fühlen, nur weil nicht alle medizinischen Geräte bei der Diagnose ihres Schmerzes benutzt wurden“, sagt der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschuss, Josef Hecken. Pflegekräfte könnten hier unterstützen. „Wir müssen die Patienten identifizieren, die die Informationen von einem Arzt nicht verstehen können“, so Franz Wagner, Vizepräsident des Deutschen Pflegerates. Nach seiner Meinung seien vor allem Pflegekräfte deutlich näher an der Sprache der Patienten dran als andere Beschäftigte im Gesundheitswesen.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) betonte im BMG, dass sie sich für die Verbesserung der Kommunikation mit Patienten einsetze. So werde in vielen Krankenhäuern Informationsveranstaltungen zu Krankheitsbildern und Operationstechniken angeboten. Auch solle das Projekt „Keine Keime“ der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen bundeweit mehr Beachtung finden, kündigte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum an.

Die Vertreter der Apothekenverbände sehen sich als Ort des niedrigschwelligen Zugangs zu Gesundheitsinformationen, „wo man auch mal eine Frage stellen kann“, sagteFriedemann Schmidt, Präsident der ABDA-Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Vertreter der Zahnärzte wollen sich für mehr Gesundheitskompetenz bei der Versorgung von Kindern mit Karies sowie die entsprechende Information für Eltern einsetzen.

Auch gesetzliche (GKV) und private Krankenversicherung (PKV) sind mit im Boot. Nach Aussage von Volker Leienbach, Verbandsdirektor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung, soll die Plattform der 2015 gegründeten unabhängigen Stiftung Gesundheitswissen ausgebaut werden. Die Krankenkassen sind mit den Gesetzen der laufenden Legislaturperiode bereits in vielen Bereichen engagiert, betonte GKV-Spitzenverbandsvorsitzende Doris Pfeiffer. So werden die Vorgaben im Präventionsgesetz umgesetzt, außerdem wolle man in den kommenden drei Jahren die Informationen auf den jeweiligen Webseiten erweitert.

Ob es für die Steigerung der Gesundheitskompetenz ein Schulfach benötigt, darüber waren sich die beiden anwesenden Politiker nicht einig: Während Gröhe das Schulfach favorisiert, sieht die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Eva Quante-Brandt (SPD), dafür keinen Anlass. „Die Lösung ist nicht die Addition der Schulfächer. Gesundheitsthemen müssen in allen Fächern präsent sein“, sagte die Bremer Senatorin, die 2017 auch Vorsitzende der Wissenschaftsministerkonferenz ist. Da Gesundheit „in sozialen Schichten sehr unterschiedlich gelebt wird“, seien die Schulen aber ein guter Ort, das Wissen zu erlernen.

afp/bee

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