Adipositas und Diabetes für fast 6 Prozent aller Krebserkrankungen verantwortlich

London – Immer mehr Menschen erkranken an Krebs, weil sie übergewichtig beziehungsweise fettleibig sind oder an einem Typ-2-Diabetes leiden. Nach Schätzungen in Lancet Diabetes & Endocrinology (2017; doi: 10.1016/ S2213-8587(17)30366-2) war ein Body-Mass-Index (BMI) von über 25 weltweit für 544.300 Krebserkrankungen (3,9 Prozent aller Krebserkrankungen) verantwortlich. Durch eine Diabeteserkrankung würden der Studie zufolge 280.100 Krebserkrankungen (2 Prozent) verursacht.
Weltweit sind 2,01 Milliarden Menschen übergewichtig oder fettleibig, insgesamt 422 Million haben Diabetes. In der Regel ist dies ein Typ-2-Diabetes, der ebenso wie Übergewicht zu den vermeidbaren Risikofaktoren zählt. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) und der World Cancer Research Fund sind sich einig, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen einem hohen BMI und Krebserkrankungen in Darm, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse, Niere, Leber, Gebärmutter (Endometrium), Brustkrebs (nach der Menopause), Eierstöcken, Magen (Kardia), Schilddrüsen, Ösophagus (Adenokarzinom) und dem Multiplen Myelom besteht. Ein Diabetes wird zunehmend als Risikofaktor für Krebserkrankung in Darm, Bauchspeicheldrüse, Leber, Gallenblasen, Brust und Gebärmutter eingestuft.
Der Anteil, den ein zu hoher BMI an allen Krebserkrankungen hat, wurde in einer früheren Untersuchung auf 3,6 Prozent geschätzt (Lancet Oncology 2015; 16: 36–46). Für den Einfluss von Typ-2-Diabetes gab es bisher keine entsprechenden Untersuchungen. Die Zahlen, die Jonathan Pearson-Stuttard vom Imperial College London und Mitarbeiter jetzt vorstellen, beruhen auf epidemiologischen Daten, die ein erhöhtes Krebsrisiko durch BMI und Diabetes ergeben haben. Die Epidemiologen haben sie auf Daten zur Prävalenz der beiden Risikofaktoren im Jahr 2002 angewendet, um bei der Annahme einer Latenzzeit von 10 Jahren den Anteil der beiden Risiken an den Krebserkrankungen des Jahres 2012 zu ermitteln.
Wenn die Berechnungen zutreffen, dann würden weltweit 792.600 der 14,1 Millionen Krebserkrankungen, die GLOBOCAN für 2012 ermittelt hat, auf Übergewicht und Diabetes zurückzuführen sein. Die meisten Krebserkrankungen (nämlich 303.000 oder 38,2 Prozent) würden auf westliche Länder mit hohem Einkommen entfallen. Der zweitgrößte Anteil mit 190.900 Erkrankungen oder 24,1 Prozent entfiele auf ost- und südostasiatische Länder.
In den meisten Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen ist der Anteil der Krebserkrankungen durch Übergewicht oder Diabetes nach der Berechnungen von Pearson-Stuttard gering. Es gebe jedoch Ausnahmen: In der Mongolei, Ägypten, Kuwait und Vanuatu, wo Übergewicht und Diabetes häufig sind, liege der Anteil an allen Krebsfällen mit 9 bis 14 Prozent sogar über dem Durchschnitt, schreibt der Forscher. Am geringsten sei der Anteil in Tansania, Mosambik und Madagaskar, wo es bisher erst wenige Menschen mit Übergewicht oder Diabetes gibt.
Bei Männern ist Leberkrebs weltweit der häufigste durch Übergewicht oder Diabetes verursachte Krebs. Das bevölkerungsbezogene attributable Risiko (PAR) betrug 42,8 Prozent. Weltweit wären dies 126.700 Erkrankungen. An zweiter Stelle folgt laut der Studie Darmkrebs mit einem Anteil von 21,4 Prozent oder 63.200 neuen Krebsfällen im Jahr 2012.
Bei Frauen erklären Übergewicht und Diabetes laut den Berechnungen von Pearson-Stuttard 29,7 Prozent aller Brustkrebserkrankungen oder 147.400 Fälle. Den zweithöchsten Anteil haben die Risikofaktoren am Endometriumkarzinom mit einem PAR von 24,5 Prozent oder 121.700 neuen Krebsfällen.
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