Ärzteschaft

Ärzte fordern geringere Hürden für Transsexuelle vor Geschlechts­umwandlung

  • Freitag, 8. September 2017
/lagom, stock.adobe.com
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Berlin – Ärzte fordern, die Hürden für Transsexuelle vor einer Geschlechtsumwandlung zu senken. Wer das Geschlecht von Mann zu Frau oder umgekehrt wechseln möchte, muss vor einer Behandlung einen mindestens zwölfmonatigen Alltagstest und eine Psychotherapie nachweisen, was „unangemessen und zu lang“ sei, wie die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) heute mitteilte. Dieses Prozedere widerspreche zudem neuen internationalen Leitlinien.

Wenn sich ein Mann oder eine Frau in seinem oder ihrem Körper nicht „zu Hause“ fühlt, können häufig psychische Belastungen entstehen. Das Gefühl, nicht zu dem eigenen anatomischen Geschlecht zu passen, bezeichnen Experten als Geschlechtsinkongruenz. „Die Betroffenen haben häufiger als andere Depressionen, Suizidgedanken, Angst­störungen oder Probleme mit Suchtmitteln“, erklärte DGE-Vizepräsident Sven Diede­rich. Ursache dafür seien meist nicht etwa psychische Störungen, sondern die „Diskri­minierung der Gesellschaft und die Hürden im Gesundheitswesen“.

An internationalen Leitlinien orientieren

Anders als in anderen Ländern wie beispielsweise Irland, wo eine Selbstdiagnose aus­reicht und gesetzlich verankert ist, müssen in Deutschland Menschen, die das Geschlecht wechseln wollen, mindestens zwölf Monate Psychotherapie und zwölf Monate Alltagstest vor dem Beginn einer Behandlung vorweisen. Betroffene sollen in dieser Zeit in dem gewünschten Geschlecht leben, so verlangen es demnach die Krankenkassen.

„Das widerspricht allen neuen internationalen Leitlinien und muss geändert werden“, forderte Diederich. Die Selbsteinschätzung und die Begutachtung eines in diesem Bereich versierten Psychologen müssten ausreichen. Zudem gebe es in Deutschland zu wenige Beratungsstellen und zu wenige Experten, die sich mit dem Thema Identitäts­wechsel auskennen. Zahlreiche Betroffene experimentierten daher auf eigene Faust mit Substanzen, was aber riskant sei.

Nach Schätzungen der DGE gibt es in Deutschland bis zu 400.000 Menschen, die sich wünschen, als Angehöriger des anderen Geschlechts zu leben und anerkannt zu werden.

afp

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