Politik

Algorithmusge­steuerte Gesellschaft macht Deutschen Angst

  • Mittwoch, 23. Mai 2018
/infografx, stock.adobe.com
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Gütersloh – Die meisten Deutschen haben bisher kaum realisiert, wie stark Software-Algorithmen mittlerweile den Alltag beeinflussen. Sie sind häufig noch unentschlossen über Chancen und Risiken von Algorithmen, doch sie spüren ein Unbehagen. Das berichtet die Bertelsmann-Stiftung auf Basis einer Umfrage des Instituts für Demos­kopie Allensbach.

Im Einzelnen zeigt die Umfrage, dass zwar fast drei Viertel der Befragten schon einmal den Begriff „Algorithmus“ gehört haben. Nur zehn Prozent der Deutschen wissen jedoch recht genau, wie Algorithmen funktionieren. Fast die Hälfte der Befragten (45 Prozent) konnte spontan nicht sagen, was ihnen zu diesem Begriff einfällt.

Zudem ist den Deutschen in vielen Anwendungsgebieten nicht bewusst, dass dort Algorithmen eingesetzt werden. Zwar weiß etwa die Hälfte der Befragten, dass Algorithmen auf den Einzelnen zugeschnittene Werbung (55 Prozent) und Nachrichten (49 Prozent) zuspielen. Weniger bekannt sind potenziell folgenreichere Anwendungs­bereiche: Bei der Vorauswahl von Bewerbern oder Krankheitsdiagnosen weiß nur etwa ein Drittel der Befragten, dass dort Algorithmen zum Einsatz kommen (35 beziehungsweise 28 Prozent). 

So unklar die Meinung über Chancen und Risiken algorithmischer Systeme noch ist, so klar ist die Skepsis ihnen gegenüber: In Deutschland herrscht ein erhebliches Unbehagen in allen Gesellschaftsschichten, wenn es um Algorithmen geht, die über Menschen urteilen und Entscheidungen über sie treffen. Eine große Mehrheit (79 Prozent) zieht menschliche Entscheidungen automatisierten vor.

Die Abneigung gegenüber Algorithmen ist umso höher, je folgenreicher die Entscheidung ist. Allein bei der Aufgabe der Lagerraumverwaltung, die keine unmittelbaren Auswirkungen auf Menschen hat, kann sich eine Mehrheit (57 Prozent) vorstellen, diese vollständig an Computer abzugeben. Jedoch sprechen sich immerhin noch 36 Prozent dafür aus, dass auch dort der Mensch beteiligt sein sollte. Bei schwerwiegenden Entscheidungen, wie etwa bei der Diagnose von Krankheiten lehnten hingegen 40 Prozent der Befragten es ab, dass bei diesen überhaupt ein Algorithmus beteiligt ist.

„Algorithmen und künstliche Intelligenz sind bislang kaum Teil der öffentlichen Debatte“, sagte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Sie könnten zu mehr Chancengerechtigkeit führen, allerdings auch zu mehr Diskriminierung. „Wir müssen jetzt darüber diskutieren, wie wir Algorithmen in den Dienst der Gesellschaft stellen können“, betonte er. Die Studienautoren gehen davon aus, dass der Einfluss von Algorithmen in Zukunft weiter zunimmt und dies spürbare gesellschaftliche Veränderungen mit sich bringt.

hil

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