Amgen und Sandoz bringen als erste Humira-Biosimilars in Europa auf den Markt

Berlin/Holzkirchen – Seit gestern bekommt der weltweit umsatzstärkste Blockbuster Humira (Adalimumab) Konkurrenz. Nach mehr als 15 Jahren Marktexklusivität, etwa siebzig Patenten und zahlreichen Zulassungserweiterungen mit Verlängerungen der Schutzfristen kündigten die ersten zwei Unternehmen Biosimilars an. Preise wurden noch nicht genannt. Der stark entzündungshemmend wirkende Antikörper wird unter anderem bei rheumatischen Erkrankungen angewendet.
Als erster gab Amgen gestern die Markteinführung von Amgevita für 28 EU-Länder sowie für Norwegen, Island und Liechtenstein bekannt. Es folgte Novartis/Sandoz, die ihr Humira-Biosimilar Hyrimoz in Großbritannien und Deutschland eingeführt haben. Weitere Märkte in der EU sollen folgen. Ein Sprecher von Amgen bemerkte, dass es Kosteneinsparungen für Patienten, Krankenhäuser und Gesundheitssysteme geben würde. Die Markteinführung weiterer Konkurrenzprodukte wird erwartet, wie das Deutsche Ärzteblatt bereits berichtet hat.
Alexandra Annis, Analyst bei der Health-Care-Marktforschungsfirma GlobalData, rechnet mit Einsparungen von 10 bis 25 Prozent, berichtet das Wall Street Journal. Ähnliche Erwartungen äußerte auch der Vorstand der Barmer, Mani Rafii, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt: „Wir wollen, dass diese Biosimilars zum Einstieg etwa 20 Prozent weniger kosten als das Originalpräparat Adalimumab. Ob unsere Erwartungen erfüllt werden, lässt sich frühestens Anfang November und sicher mit der Lauer-Taxe Mitte November sagen.“
Laut einem anderen Medienbericht soll Sandoz erklärt haben, dass ihr Biosimilar die Ausgaben des staatlichen Gesundheitsdienstes in Großbritannien (NHS) von 500 Millionen Pfund (660 Millionen Euro) pro Jahr für Humira auf 250 Millionen Pfund senken könnte. Deutsche Krankenkassen geben derzeit laut pro Biosimilars eine Milliarde Euro jährlich aus.
Nach einer Einschätzung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) werden die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen trotz des einsetzenden Wettbewerbs wahrscheinlich nicht sinken. Grund dafür sei, dass die Preise der Biosimilars üblicherweise nur geringfügig unter denen der Originalanbieter lägen. Dabei verursachten Biosimilars im Schnitt nur ein Viertel der Forschungs- und Entwicklungskosten ihrer Referenzprodukte.
Der stellvertretende WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder erklärte: „Dabei ist der Markteintritt der Biosimilars zu Humira durch Lizenzvereinbarungen und entsprechende Lizenzzahlungen der Hersteller an AbbVie ‚erkauft‘ worden. Dieser höhere Kostendruck könnte noch geringere Preisabschläge zur Folge haben.“
Der Originator AbbVie ist vorbereitet auf die Konkurrenz. Flächendeckende Rabattverträge mit Krankenkassen (Open House) wurden vereinzelt bereits in den vergangenen Jahren abgeschlossen. Am 1. November 2018 beginnen mindestens 15 weitere Rabattverträge, denen auch die neuen Konkurrenzprodukte beitreten können.
Außerdem geht ein Patentablauf oft mit einer Verordnungsausweitung einher, heißt es in einer Presseerklärung des WIdO. Das zeigen die Erfahrungen mit den Biosimilar-Wirkstoffen Infliximab und Etanercept, die in vergleichbaren Indikationen eingesetzt werden wie Humira.
Längere Wartezeiten in den USA
In den USA müssen Rheumapatienten noch einige Jahre auf die günstigeren Humira-Biosimloars warten. Amgen entschied sich für einen Rechtsstreit mit AbbVie und stimmte zu, bis 2023 zu warten, um seine Version zu veröffentlichen. Boehringer Ingelheim will sein Biosimilar vor 2023 in den USA einführen, verteidigt sich aber noch gegen einen Patentverletzungsklage von AbbVie, wie das Wall Street Journal berichtet.
Mindestens drei weitere AbbVie-Rivalen – Samsung Bioepis, Mylan und Novartis AG – haben in rechtlichen Vergleichen mit AbbVie vereinbart, ihre kommenden Biosimilars nicht bis 2023 in den USA zu verkaufen.
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