Ausland

Anstieg der Transgender-Rate in Großbritannien seit 2000

  • Donnerstag, 28. Dezember 2023
/Pixel-Shot, stock.adobe.com
/Pixel-Shot, stock.adobe.com

London – Zwischen den Jahren 2000 und 2018 ist die Zahl von Transpersonen im Vereinigten Königreich um das Fünffache gestiegen. Das geht aus der Analyse von mehr als 7 Millionen allgemeinmedizinischen Patien­tenakten im Vereinigten Königreich hervor (BMJ Medicine 2023; DOI: 10.1136/bmjmed-2023-000499).

Am deutlichsten war der Anstieg in der Altersgruppe der 16- bis 29-Jährigen sowie bei Personen aus Regio­nen mit sozialer und wirtschaftlicher Benachteiligung.

Über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg wurden allerdings nur 0,03 % der Personen im Abrech­nungssystem als Transgender kodiert, das entspricht 2.462 Personen. 2010 lag die Zahl neu kodierter Trans­gender-Identitäten bei 1,45 pro 100.000 Personenjahren (95-%-Konfidenzintervall (95-%-KI): 0,96 - 2,10) und 2018 bei 7,81 pro 100.000 Personenjahren (95-%-KI: 6,57 - 9,22).

Der Anteil der Transpersonen war im Untersuchungszeitraum von 2010 bis 2018 bei den 16- bis 17-Jährigen mit 24,51/ 100.000 Personenjahren (95-%-KI: 20,95 - 28,50) am höchsten. Auch bei den 18-29-Jährigen lag der Anteil mit 8,36 pro 100.000 Personenjahren (95-%-KI: (7,54 -9,25) vergleichsweise hoch.

Zusätzlich war bei Personen aus benachteiligten Gebieten die Wahrscheinlichkeit, dass eine Transgender-Identität codiert wurde, um 59 % höher als bei Personen in den am wenigsten benachteiligten Gebieten (adjustierte rate ratio 1,59; 95-%-KI: 1,31 - 1,92).

Aufgrund mangelnder Informationen konnten die Forschenden den geschlechtsspezifischen Übergang nur für 54 % abschätzen. Dem Großteil dieser Personen (n=923) wurde bei Geburt das männlichen Geschlecht zuge­schrieben, in 417 Fällen wurde bei der Geburt das weibliche Geschlecht notiert.

Die Forschenden geben zu bedenken, dass die Kodierung zur Transgender-Identität in klinischen Aufzeich­nungen allgemeinmedizinischer Praxen lange Zeit nicht immer genau oder gar nicht dokumentiert wurde. Die Erfassungsraten der Transgender-Identität in der Allgemeinmedizin könnten sich mittlerweile durchaus verändert haben, vermuten die Studienautoren.

Die zunehmende Häufigkeit von Transgender-Codes in den Aufzeichnungen kann den Forschenden zufolge darauf hindeuten, dass immer mehr Menschen mit geschlechtsbezogenen Anliegen in die Sprechstunde kommen.

Gründe könnten eine erhöhte Verfügbarkeit von Informationen, unterstützende Ressourcen sowie ein erhöh­tes gesellschaftliches Bewusstsein und Akzeptanz sein, die alle zu einer teilweisen Entstigmatisierung der Transgender-Identität geführt hätten und es für Einzelpersonen möglicherweise einfacher machten, sich als Transgender zu outen, erklären die Autoren.

Was den beobachteten Zusammenhang zwischen sozioökonomischen Status und Transgender-Identität anbe­langt, geben die Forschenden an, dass dieser schwieriger zu ergründen sei und noch weiter erforscht werden müsse.

Auch in Deutschland zeigt sich ein Anstieg der Transgeschlechtlichkeit. Ein Indikator dafür können beispiels­weise Daten zur Hormonbehandlung sein, wobei nicht alle Transpersonen auch eine Hormonbehandlung be­ginnen. Davon berichtete der Kinder- und Jugendpsychiater von der Uniklinik Freiburg Georg Romer kürzlich bei einem Fachgespräch der Grünen im Deutschen Bundestag.

So hätten nach einer Auswertung der Barmer-Ersatzkasse 2014 deutschlandweit 330 Jugendliche unter 18 Jahren eine Hormonbehandlung aufgrund einer Geschlechtsdysphorie begonnen, während es 2019 1.060 Jugendliche gewesen seien. Allerdings sei der Anstieg über alle Altersstufen hinweg zu beobachten, sagte Romer. So sei der Anstieg der Hormonbehandlungen bei den Jugendlichen 3,2 Prozent gewesen, während er bei den 18-30-Jährigen bei 3,5 Prozent gelegen hätte.

cw/mim

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung