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Transgender: Ohios Gouverneur verteidigt Behandlungen für Kinder

  • Montag, 8. Januar 2024
Gouverneur Mike DeWine/picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Carolyn Kaster
Gouverneur Mike DeWine/picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Carolyn Kaster

Washington – Das Gesetzesvorhaben des US-Bundesstaates Ohio mit dem Aktenzeichen HB68 gehört zu den striktesten seiner Art. Es soll alle gendermedizinischen Behandlungen für Minderjährige verbieten – also auch die Einnahme von Pubertätsblockern.

Überdies ist vorgesehen, Trans-Mädchen von weiblichen Sportgruppen auszuschließen. Alles, was zum Inkraft­treten noch fehlt, ist die Unterschrift von Gouverneur Mike DeWine. Doch der konservative Politiker stellt sich überraschend quer.

Etliche republikanische Amtskollegen anderer Bundesstaaten betrachten das Thema als willkommene Gelegen­heit, um mit Verboten bei ihren Wählergruppen zu punkten. Doch DeWines Unbehagen war so groß, dass er vor rund einer Woche sein Veto gegen HB68 einlegte. Die Begründung des Katholiken ließ landesweit aufhorchen.

„Ich glaube, dass die Eltern, nicht die Regierung, solch wichtige Entscheidungen für ihre Kinder treffen sollten“, so DeWine. Die Eltern wüssten am besten, welche medizinische Behandlung für ihre Kinder sinnvoll sei – und welche nicht. Dem Gesetzgeber stehe es nicht zu, dieses Entscheidungsrecht für „das wichtigste Geschöpf in ihrem Leben“ zu beschneiden.

Damit ergriff der Gouverneur Partei für betroffene Mütter wie Minna Zelch. Sie hatte sich kürzlich bei einer An­hörung vor dem Ohio Statehouse beklagt. Sie verstehe nicht, weshalb sie einerseits in allen anderen wichtigen Fragen über ihr Kind entscheiden dürfe. „Aber zugleich sollen wir nicht qualifiziert sein, um zu beurteilen, ob es eine Transgenderbehandlung bekommen soll“, so ihr Einwand. Dieses Recht dürfe keiner Familie genommen werden.

Der Appell blieb in der Kammer mit republikanischer Mehrheit so ungehört wie Hunderte ähnliche Eingaben. Die Verfasser hatten – mit unterschiedlichen Argumenten – darauf gedrängt, gendermedizinische Behandlungen nicht pauschal zu verbieten. Ohnehin sei die Angst weitgehend unbegründet: Einschlägige operative Eingriffe bei Minderjährigen kämen in Ohio praktisch nicht vor. Der Präsident des Kinderkrankenhaus-Verbandes von Ohio, Nick Lashutka, bestätigte dies bei den Beratungen zu HB68.

DeWine erhielt zwar viel Beifall von Lobbygruppen, aber zugleich harsche Kritik von Parteikollegen. Er sei „der schlechteste Gouverneur Amerikas“, schimpfte die Abgeordnete Jena Powell. Und der einflussreiche Secretary of State, Frank LaRose, der unter anderem die Einhaltung von Gesetzen in Ohio überwacht, sagte: „Wir haben die Pflicht, Kinder vor lebensverändernden medizinischen Prozeduren vor dem 18. Lebensjahr zu schützen.“ LaRose forderte die Abgeordneten auf, das Veto des Gouverneurs zu überstimmen.

Für übermorgen ist zu dieser Frage bereits eine Sondersitzung angesetzt. DeWine gab am vergangenen Freitag eigens eine Pressekonferenz, in der er Kritikern den Wind aus den Segeln nahm. Er habe mit seinem Veto eine Entscheidung „für das Leben“ getroffen, sagte der als Abtreibungsgegner bekannte 77-Jährige. Um seiner Partei entgegenzukommen, erließ er – in erster Linie symbolisch – ein Dekret, das gendermedizinische Operationen bei Minderjährigen verbietet.

Einen besonderen Fokus legt DeWine nun auf psychologische Hilfe für die Betroffenen. „Es ist klar, dass der wichtigste Teil die psychologische Beratung ist. Sie muss langandauernd und umfassend sein“, betonte er. Zu­dem wolle er die Datenlage verbessern. Es gebe bisher keine belastbaren Zahlen zum Phänomen Geschlechts­inkongruenz in Ohio. Das müsse sich ändern. HB68 gehe darauf jedoch überhaupt nicht ein, bemängelte der Gouverneur.

kna

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