Politik

AOK-Institut sieht bei vielen Krankenhaus-Leistungsgruppen großes Potenzial zur Ambulantisierung

  • Dienstag, 2. Dezember 2025
/picture alliance, Daniel Bockwoldt
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Berlin – Etwa 60 Prozent der Fälle, die bislang im Krankenhaus stationär behandelt werden, könnten auch ambulant versorgt werden. Dabei handelt es sich hochgerechnet auf die gesamte gesetzliche Krankenversicherung um mehr als acht Millionen Behandlungen von Versicherten. Das berichtet das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) nach einer Auswertung von AOK-Abrechnungsdaten.

Bezogen auf die Belegungstage und die Ausgaben für die Behandlung liegt das Potenzial zur Ambulantisierung laut der Analyse bei ungefähr 40 Prozent.

„Eine substanzielle Ambulantisierung der stationären Versorgung ist ein weiter Weg, aber würde einer Angleichung an bewährte internationale Versorgungsmodelle entsprechen“, schreibt das Forschungsteam. Länder mit einer moderateren Klinikinanspruchnahme gewährleisteten eine ebenso hohe Versorgungsqualität, oft sogar mit besseren Ergebnissen, heißt es in der Arbeit.

Die Studie quantifiziert vor dem Hintergrund der anstehenden Krankenhausreform Ambulantisierungspotenziale für die einzelnen Krankenhaus-Leistungsgruppen und beleuchtet die Frage, welche Leistungen künftig stationär erbracht werden sollen.

In der Analyse der Leistungsgruppen zeigten sich große Unterschiede im Ambulantisierungspotenzial: Während in der Leistungsgruppe für Herzkatheterbehandlungen und elektrophysiologische Untersuchungen mehr als 80 Prozent der Behandlungen ambulantes Potenzial aufweisen, geht das Ambulantisierungspotenzial im Falle der Leistungsgruppe zur Schlaganfallbehandlung in Stroke-Units gegen Null.

In 15 der 21 fallzahlstärksten Leistungsgruppen identifizierte die WIdO-Arbeitsgruppe mehr als 50 Prozent der Fälle als potenziell ambulante Leistungen. Bei den mit Abstand fallzahlstärksten Leistungsgruppen „Allgemeine Innere Medizin“ und „Allgemeine Chirurgie“ hält das Forschungsteam jeweils etwa 60 Prozent der Fälle für ambulantisierbar.

„Die erstmals durchgeführte Berechnung der Potenziale auf Ebene der Leistungsgruppen kann den Verantwortlichen für die Krankenhausplanung in den Ländern wichtige Hinweise liefern, welche Leistungsbereiche im Rahmen einer zukunftsfähigen Versorgungsstruktur zielgerichteter in anderen Bereichen versorgt werden könnten“, sagte WIdO-Geschäftsführer David Scheller-Kreinsen.

Wenn Leistungen, die ambulant erbracht werden könnten, weiterhin für stationäre Strukturen geplant würden, zementiere das „strukturelle Ineffizienzen“, betonte er. „Gerade in den Leistungsgruppen der Grundversorgung wird sich entscheiden, ob die überdurchschnittlich hohen Zahlen stationärer Behandlungen in Deutschland nachhaltig gesenkt werden können“ so Scheller-Kreinsen.

Der WIdO-Geschäftsführer betonte, die Untersuchung sei auch für die Weiterentwicklung der Vorhaltevergütung hoch bedeutsam – eine simple Fortschreibung der Vorhaltevergütung auf Basis der aktuellen Leistungsmengen sei nicht zielführend, weil viele Leistungen in Zukunft nicht mehr stationär erbracht werden sollten.

Daher sei „für viele Leistungsgruppen eine Anpassung der Vorhaltefinanzierung entlang der Ambulantisierungspotenziale zwingend“, sagte Scheller-Kreinsen. „Die Frage ist weniger, ob weniger stationäre Versorgung möglich ist, sondern wie der Transformationsprozess dahin gestaltet werden sollte“, schreibt die Arbeitsgruppe in der Studie.

hil

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