AOK: Rabattverträge sind nicht Schuld an Lieferengpässen

Stuttgart – Die AOK Baden-Württemberg hat Vorwürfe von Pharmaherstellern zurückgewiesen, Rabattverträge seien Schuld an Lieferengpässen von Arzneimitteln. Die von Produzenten gemeldeten Engpässe beträfen fast ausschließlich den Klinikbereich, in dem es keine Rabattverträge gebe, betonte AOK-Landeschef Christopher Hermann heute in Stuttgart.
Im Markt für die ambulante Versorgung mit Medikamenten sei dagegen die Lieferfähigkeit ausgezeichnet – und dort existierten Rabattverträge. Dabei gewähren die Unternehmen den Krankenkassen eine Vergünstigung für ein bestimmtes Medikament. Im Gegenzug garantiert die Kasse, dass ihre Versicherten nur dieses Mittel bekommen.
Preisinteresse nachvollziehbar, aber ...
Nach einer Umfrage des Hessischen Apothekerverbandes bei 430 Apotheken gab es durchschnittlich pro Apotheke 40 Medikamente, die zeitweise nicht geliefert werden konnten. Der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) macht unter anderem Preis- und Rabattdruck für Lieferengpässe verantwortlich.
Hermann kann nach eigenen Worten das Interesse der Pharmahersteller an möglichst hohen Preisen nachvollziehen. Es sei aber nicht identisch mit den Wünschen der Kassen und ihrer Versicherten. Nach Angaben des Verhandlungsführers für die bundesweiten AOK-Arzneirabattverträge wurden durch diese 2017 mehr als 1,6 Milliarden Euro eingespart und wieder in die Versorgung der Versicherten investiert.
Unterdessen hat eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) ergeben, dass sich die Arzneimittelrabattverträge nicht nur positiv auf die Kosten auswirken. Laut WIdO sanken die Listenpreise für Arzneimittel 2017 um vier Milliarden Euro. Darüber hinaus könnten durch die Verträge unnötige Medikamentenwechsel vermieden und die Anbietervielfalt im generikafähigen Markt erhöht werden, hieß es.
„Durch die preiswertere Versorgung mit Generika können die frei werdenden finanziellen Mittel für eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten genutzt werden, und das ohne jeglichen Qualitätsverlust“, erklärte der stellvertretende WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder.
WIdO: Positiv für Therapietreue
Ihm zufolge sorgen Arzneimittelrabattverträge im generikafähigen Markt zudem dafür, dass Patienten stabiler versorgt werden. 2016 hatten demnach 85 Prozent der Patienten, die einen Wirkstoff über einen längeren Zeitraum einnehmen müssen, ihr Medikament dauerhaft von demselben Hersteller erhalten. „Rabattverträge wirken sich positiv auf die Therapietreue und somit den Erfolg der Therapie aus“, so Schröder. Darüber hinaus sei der Anteil der Patienten ohne Medikamentenwechsel zwischen 2006 und 2016 um 15 Prozent gestiegen.
Die Analyse ergab zudem, dass sich der Vertragswettbewerb auch mit Blick auf die Vielfalt der am Markt teilnehmenden Generika-Hersteller gelohnt hat. Zwischen 2006 und 2017 ist die Marktkonzentration weiter gesunken. Das lässt laut WIdO den Umkehrschluss zu, dass die Nutzung von Rabattverträgen mit einem steigenden Anbieterwettbewerb im Generikamarkt einhergeht und damit die Vielfalt fördert. Die Pharmaindustrie bringt dem Institut zufolge den Aspekt der Marktkonzentration immer wieder als Argument gegen Rabattverträge ins Spiel. Diese Befürchtungen sieht das WIdO durch seine Analyse als widerlegt an.
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