Arzneimittelrabattverträge auf dem Prüfstand

Berlin – Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat im vergangenen Jahr rund 3,4 Milliarden Euro durch Rabattverträge von Generikaunternehmen als Preisnachlass erhalten. Das berichtet der Branchenverband Pro Generika und spricht von einem neuen Rekordwert.
Nach Informationen des Handelsblattes könnte die Gesundheitsministerkonferenz der Länder bei ihrem Treffen im Juni aber beschließen, Rabattverträge für wichtige Medikamente zu verbieten oder einzuschränken. Das soll dazu beitragen, Lieferengpässe zu vermeiden und heimische Hersteller zu stärken. Das Saarland und Hessen wollen diesen Vorschlag laut Handelsblatt einbringen, bestätigten dies auf Anfrage des Deutschen Ärzteblatts aber bisher nicht.
Preise, Engpässe und Rabattverträge hängen zusammen
Wie die Zeitung weiter berichtet, haben sich die Einsparungen durch Rabattverträge seit 2008 auf mehr als 21 Milliarden Euro summiert. Die Folge sei, dass von 21,8 Milliarden Euro Arzneimittelausgaben im vergangenen Jahr trotz hohem Versorgungsanteil nur 2,0 Milliarden Euro (9,2 Prozent) auf Generika entfallen seien, erklärte Pro Generika gestern in einer Mitteilung. Seit 2015 koste eine Tagestherapiedosis eines Generikums durchschnittlich 16 Cent pro Tag. Von diesen blieben 2017 laut dem Branchenverband nach Abzug aller Rabatte sechs Cent für den Hersteller übrig.
Die Industrie kann die Preise nur mitgehen, weil viele Generika von wenigen großen Herstellern in Niedriglohnländern wie Indien oder China produziert würden. Produktionsausfälle in diesen Ländern führten wiederum allerdings schnell zu Lieferengpässen in Deutschland. Seit Mai 2017 dürfen die Krankenkassen daher für Impfstoffe keine Rabattverträge mit einzelnen Herstellern mehr schließen.
„Ein solches Verbot könnte in Zukunft auch für andere Arzneimittel greifen“, berichtet das Handelsblatt und verweist auf einen Beschlussentwurf aus Hessen und dem Saarland für die Gesundheitsministerkonferenz im Juni. „Rabattverträge für lebenswichtige Arzneimittel sind grundsätzlich zu hinterfragen“, heißt es darin laut dem Blatt. Für alle übrigen Arzneimittel müssten die Kassen verpflichtet werden, bei Ausschreibungen den Zuschlag immer mehreren Herstellern zu geben. Zudem sollen die Kassen stärker qualitative Aspekte berücksichtigen, berichtet das Handelsblatt.
Hessen und das Saarland fordern laut dem Bericht, weitere Anreize für die vermehrte Herstellung von Arzneimitteln in europäischen Produktionsstätten zu prüfen. Zu diesen Anreizen könnten „niedrigere oder keine Abschläge“ für die Hersteller gehören, um höhere Produktionskosten in Europa zu kompensieren.
Pro Generika zufolge haben sich die Krankenkassen im vergangenen Jahr bei rund der Hälfte ihrer Rabattvertragsausschreibungen auf nur jeweils einen Hersteller verlassen. „Das Problem bei dieser sogenannten Einfachvergabe ist, dass bei einem Lieferausfall kein anderes Unternehmen kurzfristig einspringen kann“, kritisiert der Branchenverband.
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