Politik

Apotheker-Prozess wird kein Fall fürs Schwurgericht

  • Freitag, 17. November 2017
Demonstranten halten am 15. November 2017 vor der „Alten Apotheke“ in Bottrop eine Liste mit den Namen von über 4.000 mutmaßlich Geschädigten in den Händen.
Demonstranten halten am 15. November 2017 vor der „Alten Apotheke“ in Bottrop eine Liste mit den Namen von über 4.000 mutmaßlich Geschädigten in den Händen. /dpa

Essen – Der Prozess um einen Apotheker, der massenhaft Krebsmedikamente gestreckt haben soll, wird kein Fall fürs Schwurgericht. Das hat die für das Strafverfahren zuständige Wirtschaftsstrafkammer des Essener Landgerichts heute entschieden. Eine Verurteilung des angeklagten Bottroper Apothekers wegen Mordes oder Mordversuchs ist damit aber nicht ausge­schlossen. „Die Kammer hat die Rechtsmacht, sämtliche Regelungen des Strafrechts anzuwenden und jede mögliche Sanktion zu verhängen“, sagte Richter Johannes Hidding.

Gleichzeitig wurde ein Schöffe wegen Besorgnis der Befangenheit abgesetzt. Der ehrenamtliche Richter war früher selbst Apotheker in Bottrop. Zudem ist seine an Krebs erkrankte Ehefrau in Behandlung bei einem Arzt, mit dem auch der Angeklagte eng zusammengearbeitet hat. Beides zusammen begründe den Verdacht, dass er am Ende möglicherweise nicht objektiv urteilen könne, entschieden die Richter. Er wird durch einen bereits zu Beginn des Prozesses anwesenden Ersatzschöffen ersetzt.

Dem angeklagten Apotheker wird vorgeworfen, zwischen 2012 und 2016 Krebsmedika­mente mit zu wenig Wirkstoff versehen, aber voll abgerechnet zu haben. Dadurch soll allein den gesetzlichen Krankenkassen ein Schaden von rund 56 Millionen Euro entstanden sein. Mindestens 1.000 Krebskranke sollen betroffen sein. Die Anklage lautet auf Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz, Betrug und versuchte Körper­verletzung. Dem 47-Jährigen drohen bis zu zehn Jahre Haft sowie ein Berufsverbot.

Der Antrag auf Abgabe des Verfahrens an das Schwurgericht, vor dem normalerweise Tötungsdelikte oder Tötungsversuche verhandelt werden, war von Anwälten der Betroffenen oder deren Angehörigen gestellt worden, die als Nebenkläger zum Prozess zugelassen worden sind. Ein Anwalt hatte dem Apotheker Mordversuch aus Habgier vorgeworfen. Dem Gericht zufolge steht den Nebenklägern laut Gesetz kein solches Antragsrecht zu.

Sollte sich im Laufe des Prozesses herausstellen, dass eine Verurteilung wegen Mordes oder Mordversuchs tatsächlich in Betracht kommen könnte, müsste der angeklagte Apotheker einen besonderen rechtlichen Hinweis der Richter erhalten. Das ist heute jedoch nicht erfolgt.

dpa

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