Ärztekammer hält Priorisierung ärztlicher Leistungen für unumgänglich

Dresden – Eine gesellschaftliche Diskussion um eine gerechte und nachhaltige medizinische Versorgung und eine damit verbundene Priorisierung in der Medizin will die Sächsische Landesärztekammer (SLÄK) anstoßen.
„Eine Medizin, die theoretisch alles möglich macht, zwingt die Gesellschaft, verantwortungsbewusst über Grenzen, Prioritäten und Gerechtigkeit zu sprechen“, erklärte der Präsident der Kammer, Erik Bodendieck.
Nicht jede technisch machbare Therapie lasse sich aufgrund begrenzter Ressourcen, hoher Kosten und medizinischer Erfolgsaussichten tatsächlich jedem Patienten sinnvoll zur Verfügung stellen, betonte er.
„Wir müssen uns jetzt der Aufgabe stellen, mit den vorhandenen Mitteln durch Priorisierung die größtmögliche Wirkung für die Patientinnen und Patienten zu erreichen“, so Bodendieck. Laut der Kammer sollte eine ausgewogene und ethisch gerechtfertigte Priorisierung den medizinischen Nutzen in den Mittelpunkt stellen. Dazu sollten sich ärztliche Entscheidungen auch an der Prognose orientieren.
Lebenszeit und Lebensqualität sollten für die Auswahl medizinischer Maßnahmen zur Behandlung von Patientinnen und Patienten wichtige Entscheidungsgrundlagen sein. Die Gesellschaft müsse in einen offenen Diskurs eintreten, welche medizinischen Leistungen unter welchen Umständen solidarisch finanziert werden sollen.
„Wir wollen eine gerechte Verteilung, die medizinischen Fortschritt nutzt, ohne das Fundament unserer solidarischen Versorgung zu gefährden“, so der Kammerpräsident.
Die Delegierten thematisierten auf der Kammerversammlung außerdem das Thema Adipositas und Zuckerkonsum. Sie riefen die Bundesregierung auf, eine Steuer auf stark zuckerhaltige Getränke und Lebensmittel einzuführen sowie ein umfassendes Werbeverbot für zuckerhaltige Produkte zu erlassen, die sich an Kinder richten.
Wichtig für die Prävention sei außerdem, die Impfquote gegen Humane Papillomviren (HPV) bei Mädchen und Jungen deutlich zu erhöhen und so langfristig einen besseren Schutz vor HPV-bedingten Erkrankungen zu erreichen.
Die Bundesärztekammer sollte sich daher gegenüber Politik, Krankenkassen und den zuständigen Gremien der Selbstverwaltung dafür einsetzen, dass die HPV-Impfberatung verbindlicher Bestandteil der Vorsorgeuntersuchungen U11 und J1 werde, hieß es.
Die Delegierten regten außerdem an, die Nutzung, Einordnung und Bewertung von Künstlicher Intelligenz (KI) in die medizinische Ausbildung sowie in die ärztliche Fort- und Weiterbildung aufzunehmen.
In weiteren Beschlüssen ermahnten die sächsischen Ärztinnen und Ärzte den Gesetzgeber, eine Neuordnung der Notfall- und Akutversorgung zu beschließen, in der die hausärztliche Steuerung eine verbindliche Rolle erhalten sollte. Wichtig sei außerdem, die Reform der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zügig umzusetzen.
Ein weiteres Thema war die klimabewussten Verschreibung von Dosieraerosolen. Dabei gehe es vor allem um das Gas Apafluran. Wie früher die Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW) wegen ihrer Schädigung der Ozonschicht weltweit verboten wurden, sei auch für Apafluran ein Verbot dringend erforderlich, so die Kammerversammlung.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: