Arztzeit bleibt knappe Ressource

Berlin – Die Zahl der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte hat sich 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 1.029 erhöht (plus 0,7 Prozent). Dies geht aus aktuellen Zahlen des Bundesarztregisters hervor. Bei den Psychologischen Psychotherapeuten gab es ein Plus von 3,4 Prozent (1.114).
Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), warnte in diesem Zusammenhang vor einem durch die Gesundheitspolitik verursachten Niedergang der ambulanten Versorgung.
Immer mehr vertragsärztlich Tätige arbeiteten in der Anstellung, da die schlechten Rahmenbedingungen von einer selbstständigen Tätigkeit in eigener Praxis abschrecken würden. Daher bleibe die Ressource Arztzeit knapp.
Den aktuellen Daten zufolge stieg der Anzahl der in Praxen oder MVZ angestellten Ärztinnen und Ärzte von 2022 zu 2023 um 3.162: Die Zahl der Praxisinhaber sank hingegen um 1.987. Nach wie vor ist zwar die überwiegende Mehrheit der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in der eigenen Praxis tätig (124.653).
Allerdings wählen sie zunehmend flexiblere Arbeitsformen: Im Jahr 2023 entschieden sich erstmals mehr als 50.000 für eine Anstellung und erstmals mehr als 60.000 für eine Teilzeitbeschäftigung. Seit 2013 verzeichnet die Teilzeittätigkeit ein Plus von 235 Prozent. Die Anzahl der Anstellungen hat sich in diesem Zeitraum verdoppelt.
Die KBV hatte bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass all diese Faktoren zusammengenommen dazu führen, dass hinzukommende Ärzte nur einen Teil der bisher tätigen Ärzteschaft ersetzen und das Versorgungsangebot insgesamt abnimmt.
„Das Gesundheitswesen ist einer der wenigen Leuchttürme in unserem Land, noch funktioniert es sehr gut“, betonte Gassen. Wenn Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach richtigerweise davon spreche, die ambulante Versorgung stärken zu wollen, dann müsse es darum gehen, die Rahmenbedingungen für die Praxen zu verbessern. „Wir brauchen keine Versorgung-light in sogenannten Gesundheitskiosken, sondern angemessene Strukturen für die Haus- und Facharztpraxen“, sagte Gassen.
Der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Stephan Hofmeister konstatierte, unter den derzeitigen schlechten Rahmenbedingungen – er verwies unter anderem auf überbordende Bürokratie und dysfunktionale Digitalisierung –, dürfte es schwierig sein, „selbst mit den kreativsten Förderprogrammen junge Kolleginnen und Kollegen für die Niederlassung zu begeistern“. Die Gefahr eines Ausblutens der ambulanten Versorgung sei längst nicht gebannt.
KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner forderte „Verlässlichkeit und gegenseitiges Vertrauen statt vager Versprechungen und mangelnder Wertschätzung“ in der Gesundheitspolitik. So, wie es jetzt laufe, sei auf Dauer keine ambulante Versorgung in den Praxen mehr möglich.
„Ohne politische Verlässlichkeit lässt sich deren Betrieb nur noch unter höchsten persönlichen Anstrengungen aufrechterhalten. Ganz zu schweigen davon, dass – ohne jenes Maß an Verlässlichkeit – kaum noch jemand dazu zu bewegen sein wird, eine ärztliche oder psychotherapeutische Praxis zu übernehmen oder zu gründen“, so die KBV-Vorständin.
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