Auch das Ausland sucht Konzepte für die Notdienstversorgung

Berlin – Deutschland steht mit dem Problem überfüllter Notfallambulanzen in den Krankenhäusern nicht allein da. „Alle industrialisierten Länder arbeiten daran, die Direktinanspruchnahme von Krankenhäusern über die Notfallambulanzen zu minimieren. Ein deutscher Sonderweg wäre ein Weg in die Ineffizienz“, sagte Dominik von Stillfried, Geschäftsführer des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi).
Das Problem dabei ist bekanntlich, dass immer mehr Patienten in die Notaufnahmen kommen, die eigentlich keine Notfälle sind, und folglich auch eine Praxis aufsuchen oder den vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst in Anspruch nehmen könnten. Von Stillfried kritisierte eine Einschätzung des SPD-Gesundheitspolitikers Karl Lauterbach. Dieser wurde in der Berliner Morgenpost vom 12. Mai mit der Aussage zitiert: „Wir brauchen kein Umerziehungsprogramm, sondern mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen.“
Zi weist auf Kampagne in Australien hin
Der Zi-Geschäftsführer wies darauf hin, dass in vielen Industrieländern derzeit öffentlich wirksame Kampagnen laufen, um Patienten zu einer größeren Zurückhaltung bei der Direktinanspruchnahme von Krankenhäusern zu motivieren, in Australien etwa unter dem Motto ‚Keep Emergency for emergencies‘.“ Hintergrund sei auch die Studienlage, die zeige, dass eine ungesteuerte Inanspruchnahme von Krankenhausambulanzen zu einem dramatischen Fehleinsatz knapper Ressourcen im Gesundheitswesen führe.
Von Stillfried machte auf ein Konsenspapier der Kassenärztlichen Vereinigungen vom März 2017 aufmerksam. Demnach sollen die gesetzlich Versicherten in Deutschland künftig rund um die Uhr ein telefonisches Beratungsangebot nutzen können, das die Dringlichkeit eines medizinischen Behandlungsbedarfs einschätzen hilft und Patienten an den richtigen Behandlungsort leiten kann. Dafür soll die Notrufnummer 116117 entsprechend ausgebaut werden. Außerdem sollte künftig ein ähnliches Ersteinschätzungsverfahren auch in Bereitschaftspraxen und an Krankenhäusern angewendet werden, um die Notaufnahmen der Krankenhäuser für wirklich dringliche Notfälle freizuhalten.
In diese Richtung argumentiert auch der Marburger Bund (MB). „Unsere Vorschläge zielen darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und KV-Bereitschaftsdienst zu verbessern – durch eine integrative, gemeinsame Versorgung, durch mehr Koordination und eine standardisierte, stets gleiche Ersteinschätzung der Behandlungsdringlichkeit der Patienten“, erläuterte Susanne Johna, MB-Bundesvorstandsmitglied.
„Die Rettungsmedizin ist mit Kanonen gegen lebensbedrohliche Zustände ausgerüstet, sie sollte nicht auf Spatzen gerichtet werden“, fasste Stillfried zusammen. Nach Erkenntnissen des Zi kosten vermeidbare Krankenhausfälle über die Notaufnahmen der Krankenhäuser in Deutschland pro Jahr zwischen sieben und zwölf Milliarden Euro.
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