Ausbildungs- und Finanzierungsfragen bei Physician Assistants weiter offen

Berlin – Ausbildung und Finanzierung von Physician Assistants (PA) müssen zeitnah einheitlich und verbindlich geregelt werden, um dem Berufsstand in der ambulanten Versorgung zum Durchbruch zu verhelfen. Darunter herrschte Einigkeit bei einer Diskussion von Vertretern aus Selbstverwaltung, Verbänden und Universitäten.
Die Zahl der PA in Deutschland steigt kontinuierlich. Gab es 2019 noch 500 von ihnen, waren es im vergangenen Jahr bereits 1.800 und mit Abschluss der laufenden Studiengänge dürfte ihre Zahl bis 2026 auf 5.400 steigen, erklärte die Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Physician Assistants (DGPA), Daria Hunfeld, bei einer Veranstaltung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO).
Diese arbeiten jedoch überwiegend im stationären Bereich. In der ambulanten Versorgung träfen sie bisher nur auf verhaltenes Interesse. Die KVNO will das ändern und deshalb im kommenden Jahr im Rahmen eines Modellprojekts herausfinden, welche Möglichkeiten und Beschränkungen es beim Einsatz von PA in haus- und fachärztlichen Praxen gibt.
„Wir sind in der KVNo zu der Überzeugung gelangt, dass es viele gute Gründe gibt, sich mit PAs zu befassen“, erklärte der KVNO-Vorsitzende Frank Bergmann. „Wir haben wenig Gründe, eine vergleichsweise junge Berufsgruppe wie die PA am Straßenrand stehen zu lassen.“
Ziel müsse sein, Behandlungspfade zu entwickeln und zu evaluieren, aber auch, Antworten auf die zahlreichen offenen Fragen des Einsatzes im ambulanten Setting zu suchen, beispielsweise zur Haftung. „Die Frage, was alles delegiert werden darf und was nicht, muss verlässlich beantwortet sein, damit Kollegen auch motiviert sind und sich trauen, so eine Berufsgruppe in ihr Team zu integrieren“, erklärte Bergmann.
Es müsse inhaltlich mehr als bisher diskutiert werden, was PA im ambulanten Bereich alles können sollen, da ansonsten das Berufsbild, das in Krankenhäusern gut gebraucht werden könne, in den Praxen Verunsicherung hervorrufe.
Ebenso müssten Aus- und Weiterbildung möglichst bald verbindlich geregelt werden, mahnte Hunfeld. „Wir brauchen, um ernstgenommen zu werden und die Fachlichkeit sicherzustellen, ein bundesweit einheitliches Curriculum und anerkannte einheitliche Prüfungen“, sagte sie. Auch die Fortbildung müsse strukturiert werden. Es dürfe bei den Studiengängen „keine Verunkrautung auf Bachelor- oder Masterniveau“ geben.
Damit stieß sie auf breite Zustimmung. „Wenn jemand einen PA-Abschluss hat, wissen wir noch nicht genau, was dahintersteht, weil die Universitäten das noch sehr unterschiedlich angehen“, erklärte Bergmann. Die Studiengänge müssten mehr vereinheitlicht werden, damit Ärztinnen und Ärzte genau wissen, was ein PA könne und was nicht. Viele würden prinzipiell gern mit PA arbeiten, seien aber noch unsicher über mögliche Einsatzgebiete.
„Wir brauchen ein einheitliches Curriculum, damit der Abschluss den Wert bekommt, den er sicherlich hat“, erklärte auch der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. Er mahnte dabei zur Eile: „Meiner Meinung nach muss das Ding 2025 stehen.“ Genau so wichtig sei es jedoch, die Finanzierungsfrage zu klären. „Damit ein Beruf wie die PA sinnvoll finanziert werden kann, muss die Praxis Gewinne erwirtschaften können, die nicht von Budgets begrenzt werden“, betonte er.
In der Niederlassung habe das Berufsbild nur Chancen im entbudgetiertem Bereich, wo man durch Ausweitung der Patientenzahlen mehr Geld verdienen kann. „Mehr Leute zu sehen, macht in Praxis wegen der Budgetierung keinen Sinn. Dann können sie noch mehr Leute sehen und sie umsonst behandeln“, sagte Gassen. „Ich sehe nicht, wie sich das in einer normalen KV-Praxis rechnen soll.“
Das Berufsbild über Zuschläge zu subventionieren, sei ebenfalls kein sinnvoller Weg. Generell halte er das Modell nur in größeren Praxen für umsetzbar. „Ich sehe keinen Sinn darin, in einer Einer- oder Zweierpraxis eine PA anzustellen. Ich weiß nicht, wo da der Mehrwert sein soll.“
Der Mehrwert von PA dürfe nicht abgeschöpft werden und Praxen dürften keinen finanziellen Schaden von ihrem Einsatz haben, räumte auch Matthias Mohrmann ein, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland/Hamburg. Allerdings dürfe sich die Diskussion über die Finanzierung sich nicht auf eine globale Entbudgetierung beschränken.
Auch über die Finanzierungsfrage hinaus zeigte sich Gassen skeptisch über den Potenzialen von PA in den Niederlassungen. „Ich wüsste im Moment nicht, wo eine sprunghafte Verbesserung durch diese neue Berufsgruppe entstehen kann“, sagte er. „Ich habe bei vielen potenziellen Einsatzgebieten meine Zweifel, wo da der Effizienzgewinn sein kann.“
Vielmehr komme es auf den Einsatz in den richtigen Gebieten an. Man dürfe den neuen Berufsstand nicht mit unrealistischen Erwartungen überfrachten. „PAs werden nicht die Lösung all unserer Probleme sein, die Legion sind“, so Gassen.
Bisherige Erfahrungen würden zeigen, dass PAs in Praxen 30 Prozent mehr Patientenkontakte herstellen könnten und Wartezeiten senken würden, die Zufriedenheit des ärztlichen Personals sei dabei genauso gegeben wie die der Patienten, wandte Hunfeld ein.
„Wir sind kein Arzt light, wir sind nicht ersetzend, sondern ergänzend“, beteuerte sie. Studien würden zeigen, dass PA Assistenzärzten keine komplexen Aufgaben wegnehmen, sondern ärztliche Routinetätigkeiten übernehmen.
Dabei handele es sich beispielsweise um Akutsprechstunden, Routinebesuche in Pflegeheimen, Infektsprechstunden, apparative Diagnostik wie EKG oder Langzeitblutdruck, chronische und Akutwundenversorgung, aber auch Aufgaben im Praxis- und Schnittstellenmanagement. Im Feedbackverfahren mit Ärzten könnten sie zudem die Behandlung einfacher monosymptomatischer Krankheitsbilder übernehmen.
Umgekehrt sei auch klar, in welchen Bereichen PA nicht arbeiten würden. Selbstständige Arznei- und Betäubungsmittelverordnungen seien ebenso tabu wie beispielsweise Röntgenuntersuchungen. „Es ist ganz klar, dass es ärztliche Vorbehaltstätigkeiten gibt. Die sind gesetzlich fixiert“, erklärte sie. „Da haben PA nichts zu suchen.“
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