KV Westfalen-Lippe stellt Positionspapier zu Teampraxen vor

Dortmund – Das Modell „Teampraxis“ soll helfen, auch künftig die ambulante Versorgung zu sichern. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) stellte gestern dazu ein Positionspapier vor.
Man steuere mit der Anspruchshaltung der Bundespolitik auf ein großes Sicherstellungsproblem im ambulanten Bereich zu, warnte Dirk Spelmeyer, Vorstandsvorsitzender der KVWL. Die Arbeitsbelastung in den Praxen sei extrem hoch und die Politik sorge nicht für Entlastung – im Gegenteil.
So gebe es beispielsweise für die im Gesetz zur Reform der Notfallversorgung vorgesehene „24/7-Versorgung schlicht zu wenig Personal“. Auch mit Blick auf die altersbedingt schrumpfende Zahl der Ärztinnen und Ärzte könne es keine medizinische 24/7-Betreuung geben, wie es sich die Bundespolitik derzeit vorstellt.
Schon jetzt sei es sehr schwer, ärztlichen Nachwuchs für eine Niederlassung zu gewinnen, sagte Spelmeyer. Um so wichtiger sei es, eigene Akzente mit Ideen zu setzen. Man müsse die bestehenden Praxisstrukturen überdenken – in Richtung kooperativer Praxisformen wie der Teampraxis.
Aus Sicht von Volker Schrage, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KVWL, führt an dem Konzept der Teampraxis kein Weg mehr vorbei. Hierbei gehe es um die stärkere Vernetzung innerhalb der Praxisteams mit Ärzten sowie qualifiziertem Personal, das den Praxisablauf maßgeblich mitgestalten und patientenorientierter ausrichten soll. „Denn die Arztzeit ist knapp.“
Die Einbindung der verschiedenen nicht ärztlichen Berufsgruppen – wie Physician Assistants (PA) – solle per Delegation erfolgen. „Die endgültige Entscheidung trifft immer der Arzt“, betonte Schrage. Bereits seit April 2023 würden Absolventen des PA-Studiengangs in zehn ausgewählten Praxen in Westfalen-Lippe eingesetzt. Das Zentralinstitut der Kassenärztlichen Versorgung (Zi) evaluiere das Projekt.
Eine wesentliche Grundlage dafür, dass der Einsatz von PA nachhaltig greifen könne, sei aber eine ausreichende Finanzierung, so der KV-Vize. Bisher gelte der Arzt-Patienten-Kontakt (APK), persönlich oder in einer Videosprechstunde, als Voraussetzung für die Abrechnung der Versichertenpauschale. Bei einer eigenständige Behandlung durch qualifizierte Mitarbeitende ohne Hinzuziehen des Arztes, etwa bei Hausbesuchen, könne die Pauschale nicht zufriedenstellend abgerechnet werden.
„Wir setzen uns deswegen für den Praxis-Patienten-Kontakt ein“, so Schrage. Eine solche Änderung in der Vergütungssystematik würde dazu beitragen, die eigentliche Praxisleistung zu honorieren – nicht notwendige Arzt-Patienten-Kontakte könnten deutlich reduziert werden.
Im Positionspapier sind weitere aus Sicht der KVWL notwendige Anpassungen aufgelistet. Darunter eine rechtssichere Auflistung aller Tätigkeiten in der Praxis, die einzig und allein durch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte ausgeführt werden dürfen. Zudem plädiert die KV für eine Erweiterung der Gebührenordnung, die bisher keine Strukturzuschläge für höher qualifiziertes Personal in den Praxen enthält.
Die zunehmende Gewalt in den Praxen thematisierte der KVWL-Vorstand ebenfalls. Beleidigungen, Bedrohungen, Belästigungen und leider auch offene Gewalt gehörten für viele Praxisteams inzwischen zum Arbeitsalltag, so Spelmeyer. Dies habe auch Auswirkungen auf die medizinische Versorgung.
Die Ergebnisse einer Blitzumfrage der KV, an der sich mehr als 760 Mitglieder beteiligt haben, zeigen: Ein knappes Viertel (24 Prozent) gab an, dass aufgrund verbaler oder körperlicher Gewalt schon einmal darüber nachgedacht wurde, die jeweilige Praxis aufzugeben. 18 Prozent gaben an, aufgrund von Gewalterfahrungen nicht genügend Praxispersonal zu finden.
„Diese Zahlen machen uns sehr nachdenklich. Klar ist: Es handelt sich um ein bundesweites Problem, das wir nur gemeinsam lösen können. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat dazu alle Praxen in Deutschland befragt. Die Ergebnisse sollen im Laufe der Woche veröffentlicht werden; der Trend geht insgesamt in eine ähnliche Richtung“, erläuterte der KV-Chef.
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