Behandlungsfehler: Bayern und Hamburg wollen bundesweiten Fonds
München – Die Landesregierungen in Hamburg und Bayern haben eine gemeinsame Bundesratsinitiative angekündigt, um einen bundesweiten Fonds für die Opfer von Behandlungsfehlern aufzulegen. Mit der Initiative soll die Einrichtung eines Patientenentschädigungs- und Härtefallfonds (PatEHF) vorangetrieben werden, sagte Staatsminister Marcel Huber heute nach der Kabinettssitzung in München.
Vielen Betroffenen gelinge es „nicht, mit ausreichender Sicherheit nachzuweisen, dass ein Behandlungsfehler ursächlich für einen Gesundheitsschaden ist“, sagte Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks. Das Patientenrechtegesetz sei „gerade in diesem Punkt hinter dem Notwendigen zurückgeblieben“, argumentierte sie. Diese Lücke wolle man mit dem Vorstoß schließen.
Der Fonds soll künftig für einen finanziellen Ausgleich sorgen, wenn Geschädigte ihre Erwerbsfähigkeit verlieren und jahrelange gerichtliche Auseinandersetzungen durchstehen müssen. Derzeit müssen die Betroffenen selbst eine fehlerhafte Behandlung nachweisen – andernfalls sind die gesundheitlichen und finanziellen Folgen alleine zu tragen.
Um abzuklären, wie ein bundesweiter Patientenentschädigungs- und -härtefallfonds auszugestalten wäre, hatte die Hamburger Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz bereits 2013 die Bremer Rechtswissenschaftler Dieter Hart und Robert Francke mit einem Gutachten und der Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzesvorschlags beauftragt.
Deren Entwurf, der aus Sicht von Prüfer-Storcks nach wie vor aktuell ist, sieht eine bundesmittelbare Stiftung öffentlichen Rechts vor, die den Betroffenen über eine Entschädigungskommission und eine Härtefallkommission helfen kann. Gegenüber bestehenden Verfahren kann der Fonds nach Ansicht der Experten schnell und effektiv für eine Entschädigung und gegebenenfalls einen Härtefallausgleich bei Schäden durch medizinische Behandlungen im Krankenhaus sorgen.
Vorgesehen ist demzufolge, dass der Fonds hilft, wenn Behandlungs- und Organisationsfehler oder unbekannte Komplikationen bei einem Eingriff „überwiegend wahrscheinlich“ zu einem erheblichen Schaden geführt haben. Hier soll auch die Belastung der Lebensführung der Betroffenen eine Rolle spielen. Der Entschädigungsfonds würde nur dann einspringen, wenn dem Betroffenen über herkömmliche haftungsrechtliche Ansprüche nicht geholfen werden kann, weil der Behandlungsfehler und/oder der Zusammenhang mit dem erheblichen gesundheitlichen Schaden nicht mit der dafür ausreichenden, weit überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden konnte.
Vorgesehen ist, die Entschädigungssumme in der Regel auf 100.000 Euro, im Ausnahmefall auf maximal 200.000 Euro zu begrenzen. Der Fonds würde auf Antrag der Betroffenen aktiv. Damit sie aber nicht zu lange auf eine Entscheidung warten müssen, ist eine vorgegebene Entscheidungsfrist geplant. Die Gutachter schlagen vor, dass eine entsprechende Stiftung zunächst mit 100 Millionen Euro ausgestattet wird.
Bei ihrem Vorschlag haben sich die Professoren an schon länger bestehenden Medizinschadenfondsmodellen, unter anderem in Österreich und Frankreich, orientiert. Dennoch würde mit einer solchen Einrichtung auch gesundheitspolitisches Neuland beschritten. Entsprechend lautet der Vorschlag der Gutachter, den Fonds in einem ersten Schritt auf zehn Jahre befristet anzulegen und ihn wissenschaftlich zu begleiten. Erst danach solle über die endgültige Struktur entschieden werden.
„Durch die Bundesregierung wurde der Härtefallfonds mit der Begründung abgelehnt, es gebe kein umsetzbares Konzept. Dies gilt schon lange nicht mehr, was wir durch unsere erneute Bundesratsinitiative ausdrücklich untermauern“, so Senatorin Prüfer-Storcks.
Nach Angaben der Techniker Krankenkasse wird nur jeder siebte angezeigte Behandlungsfehler anerkannt. „Es kann nicht sein, dass Patienten mit erheblichen Gesundheitsverletzungen keine Entschädigung erhalten, nur weil ihnen der arzthaftungsrechtliche Nachweis nicht gelingt“, teilte dazu die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) mit.
Der Fonds soll aus Bundesmitteln finanziert werden, jährlich werden rund 500 Millionen Euro einkalkuliert. Bayern und Hamburg hoffen auf eine breite Rückendeckung im Bundesrat.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: