Politik

BGH: Vermuteter Behandlungsfehler stoppt Verjährung

  • Dienstag, 14. Februar 2017
Uploaded: 23.06.2014 14:35:09 by mis
/dpa

Karlsruhe – Der Antrag auf Schlichtung im Falle eines vermuteten Behandlungsfehlers bei einer Ärztekammer stoppt die Verjährung von Schadensersatzansprüchen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich (Az.: VI ZR 239/15) entschieden, wie die Ärzte­kammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) heute mitteilte.

Laut BGH hemme bereits der Antrag auf Schlichtung die Verjährungsfrist von drei Ka­len­derjahren. Das notwendige Einver­neh­men zwischen den Parteien werde „unwiderleglich vermutet“, wenn es sich um eine „bran­chengebundene Gütestelle“ han­delt. Das sei bei den Schlichtungsstellen der Ärzte­kammern der Fall, so das Gericht. Beendet ist die Hem­mung, also Unterbrechung der Verjährungsfrist, laut BGH-Urteil „sechs Monate nach der rechts­kräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfah­ren“.

Vorwürfe können nicht ausgesessen werden

Die Schlichtung vor einer „branchengebundenen Gütestelle“ wie der Ärztekammer biete für den Patienten den wesentlichen Vorteil, dass er nicht un­ter zeitlichen Zugzwang ge­ra­te, erklärte die Kammer. Dabei müssten der Arzt oder seine Versicherung nicht erst einer Schlichtung zustimmen. „Der Arzt kann also Vorwürfe nicht einfach aussitzen“, sagte ÄKWL-Prä­sident Theodor Windhorst. Er betonte, die Entscheidung sei ein Schritt in die richtige Richtung, um bei Behandlungsfehler­vor­würfen den betroffenen Patienten nicht unter Zeitdruck zu setzen.

Windhorst wies zugleich darauf hin, dass sich die Arbeit der Gutachterkommission für Arzt­haftpflichtfragen der Ärztekammer Westfalen-Lippe in den zurückliegenden vier Jahr­zehnten bewährt habe. „Sie dient bei einem angenommenen ärztlichen Behandlungs­­feh­ler einer möglichst umfassenden und frühen außergerichtlichen Klärung der Sachver­hal­te und trägt zur Stabilisierung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient bei.“ Zudem fänden die Ergebnisse der Gutachterkommission Eingang in das Fehler­ver­meidungsmanagement der Ärztekammer, so etwa bei dem Berichtssystem für kritische Vorkommnisse CIRS. Auch würden ausgewählte Fälle in den kammerinternen Medien beispielhaft dargestellt.

„Fehler können passieren, dürfen sich aber nicht wiederholen. Qualifizierte Fachgutach­ten der Kommission und unser Fehlermanagement sollen das gewährleisten“, erläuterte Windhorst. Zudem wolle die Ärztekammer mehr Transparenz schaffen. Ziel sei es, den offenen Umgang mit potentiellen Falschbehandlungen zu fördern, so Windhorst. Denn das bedeute nicht nur einen verbesserten Patientenschutz, sondern auch mehr Sicher­heit für Ärzte.

Der Ärztekammerpräsident machte deutlich, dass es bei Auseinandersetzungen zwischen Patienten und Ärzten nicht darum gehe, zuguns­ten der Ärzte einzugreifen und Ansprü­che abzuwehren. Vielmehr solle die fachliche Un­ter­legenheit des Patienten ausgeglichen werden, um den berechtigten Aufklärungsan­spruch sowohl des Patienten als auch des Arztes neutral zu berücksichtigen.

may/EB

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